Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie mussten die Projektteams von VINCI Energies und Senelec im Senegal auf eine innovative Lösung zurückgreifen: Über ein Virtual Private Network (VPN) haben sie das Prozessleitsystem eines volldigitalen Umspannwerks per Fernzugriff getestet und abgenommen.
Aufgrund der Corona-Pandemie haben sich in vielen Ländern digitale Lösungen durchgesetzt, damit die Mitarbeitenden auch im Homeoffice zusammenarbeiten können. Allerdings geht es dabei nicht nur um das Arbeiten von zuhause aus, sondern auch um Innovationen bei kollaborativen technischen Maßnahmen, bei denen bisher die verschiedenen Prozessbeteiligten zusammenkommen mussten. Das gilt etwa für den FAT (Factory Acceptance Test) eines Projekts, bei dem Anlagenkomponenten vor ihrer Implementierung im Werk getestet werden.
Der Bau eines 225-kV-Umspannwerks in der 70 km von Dakar entfernten senegalesischen Stadt Thiès illustriert diese Innovation. Im Juni verzichteten die Teams von VINCI Energies Afrique de l‘Ouest und des staatlichen senegalesischen Stromversorgers Senelec auf das ursprünglich vorgesehene Treffen beim französischen Hersteller, um die optischen Messwandler und das volldigitale Prozessleitsystem abzunehmen.
„Die Projektteams haben sich für eine Remote-Verbindung entschieden – über eine sichere Verbindung konnten sie den FAT verfolgen und die Leitwarte ansteuern.“
Diese Komponenten sind von strategischer Bedeutung und müssen deshalb normalerweise in Anwesenheit des Endkunden vom Hersteller im Werk getestet werden. Die Projektteams haben sich für eine Remote-Verbindung über ein virtuelles privates Netzwerk (VPN) entschlossen, über die sowohl der Ablauf des FAT verfolgt werden konnte als auch die Ansteuerung der Equipments beim Lieferanten durch die Senelec möglich war, damit sie im Betrieb möglichst optimal eingesetzt werden können.
Eine Premiere
„Diese per Remote-Verbindung durchgeführte Werksabnahme ist sowohl für die Senelec als auch für VINCI Energies Afrique de l‘Ouest eine Premiere“, unterstreicht Wassel Bouaouda, Leiter Exportprojekte bei VINCI Energies Afrique de l‘Ouest und federführend beim Projekt „Pôles 2020“.
In der Praxis war bei dieser Remote-Phase auch ein Vertreter von VINCI Energies in Frankreich aktiv. Über eine sichere Video- und Internetverbindung verknüpften die Fachleute von VINCI Energies Leitwarten im Senegal mit der Testplattform in Frankreich, so dass sie auf die Equipments zugreifen und sie testen konnten. Über eine Entfernung von mehreren Tausend Kilometern steuerten die Operatoren von VINCI und Senelec das digitale Prozessleitsystem beim Hersteller, um dessen Funktionen zu simulieren und zu testen.
„Bei den Tests“, so Bouaouda, „wurde überprüft, wie das Prozessleitsystem die Energieströme lenkt und wie die Schutzeinrichtungen sowie die dazu gehörige Automatisierungstechnik darauf reagieren.“
Volldigitales System
Volldigitale Systeme gibt es noch nicht lange. Neben dem Prozessleitsystem umfassen sie per Glasfasernetz verbundene, optische Spannungs- und Strommessfühler, die optischen Lesegeräte, welche die Signale erfassen, sowie die zu 100 % digitale Verarbeitung aller Daten.
Die Installation dieses digitalen „Gehirns“ in der 225 kV-Umspannstation von Thiès erfolgt im Rahmen des Projekts „Pôles 2020“, mit dem VINCI Energies vom senegalesischen Stromversorger beauftragt wurde. Der 2018 abgeschlossene Vertrag läuft bis 2021 und sieht den Aufbau eines Übertragungs- und Verteilnetzes mit fünf Umspannwerken und 200 km Hochspannungsleitungen vor. 120 km werden als 225 kV- und 90 kV-Freileitungen ausgeführt, 80 km als 90 kV-Erdkabel. Außerdem soll die Elektrifizierung der Regionen Tambacounda, Thiès und Dakar vorangetrieben werden. Das Projekt umfasst auch eine Netz- und Datenmanagementkomponente: das iDMS (Integrated Database Management System) in Dakar wird ausgebaut, ein neues Tier-III-Rechenzentrum errichtet.
Weitere Projekte unter Beteiligung von VINCI Energies Afrique de l‘Ouest seien im Senegal bereits in der Pipeline, fügt Bouaouda hinzu. Darunter die 225 kV-Leitungen für die Organisation zur Aufwertung des Gambia-Flusses (OMVG), eine 90kV-Leitung samt Umspannwerk für die SONES (staatlicher senegalesischer Wasserversorger), eine 90kV-Leitung samt Umspannwerk in Guédiawaye sowie die Umspannwerke und die 225 kV-Leitung von Mbour nach Fatick.
14/01/2021