Belgien: Krise beschleunigt Energiewende im sozialen Wohnungsbau
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Bis 2050 will SHM Denderstreek den Energieverbrauch seines Gebäudebestands drastisch reduzieren. Das Sozialwohnungsunternehmen setzt dabei insbesondere auf Photovoltaik. Dabei wird es von IZEN unterstützt.
Angesichts steigender Strompreise bekommen immer mehr Haushalte Probleme, die zusätzlichen Kosten zu schultern – das gilt insbesondere für Mieter:innen von Sozialwohnungen.
Die Wohnungsunternehmen suchen deshalb verstärkt nach Lösungen, um den Bewohner:innen klimaneutralen, kostengünstigeren Strom liefern zu können; eine Initiative, die auch zur Beschleunigung der Energiewende in ihrem Gebäudebestand beiträgt.
In Belgien verfolgt das Sozialwohnungsunternehmen Denderstreek in der Region Ostflandern eine aktive Politik in diesem Bereich. Bereits im Frühjahr 2022 wurden einige Wohnungen mit insgesamt 66 PV-Anlagen ausgestattet. Bis September 2022 kamen 102 weitere Wohnungen hinzu.
„Dank dieser Investition sparen unsere Mieter:innen Stromkosten und SHM Denderstreek bekommt einen nachhaltigeren Wohnungsbestand.”
Photovoltaik nach Maß
Mit beiden Projekten wurde IZEN betraut, ein Brand von VINCI Energies Belgium, die auf PV-Anlagen und erneuerbare Energieträger spezialisiert ist.
Die zweite Maßnahme begann im September und betraf Einfamilienhäuser in drei Nachbargemeinden. Dort wurden insgesamt 698 PV-Module mit einer Leistung von 282,69 kWp montiert. Die Jahresproduktion wird auf 250 MWh geschätzt.
„Um die Kosten pro Einheit zu senken und mehr Haushalte ausstatten zu können, haben wir uns für kleinere, auf die Größe und die Nutzung des Gebäudes abgestimmte Anlagen entschieden“, erläutert Gilles Raemdonck, Strategic Business Developer bei IZEN.
Aufklärungsarbeit
Die Sensibilisierung der Bewohner:innen für die Nutzung dieser neuen Anlagen stand im Mittelpunkt der Maßnahmen des Wohnungsunternehmens und der IZEN. „Aufklärung tut not“, unterstreicht Mieke Dobbenie, Leiterin Kommunikation bei SHM Denderstreek.
„So haben gerade die älteren Generationen noch verinnerlicht, dass abends und nachts der Strom billiger ist. Heute raten wir jedoch dazu, möglichst tagsüber und bei Sonnenschein Strom zu verbrauchen und die Nutzung so über den Tag zu verteilen, dass Verbrauchsspitzen vermieden werden.”
Um sie bei ihrem Energiemanagement zu unterstützen, können sich die Mieter:innen über einen IZEN-Stromzähler die Gesamtproduktion der PV-Anlage und den derzeitigen Verbrauch anzeigen lassen. „Mit der kostenlosen Fluvius-App bekommen alle Bewohner:innen einen Überblick über Stromverbrauch und -einspeisung“, so Tom Van Den Berghe, Project Manager bei SHM Denderstreek. „Die Differenz zwischen der erzeugten und der eingespeisten Leistung entspricht ihrem Stromverbrauch. Das Tool ist extrem nutzerfreundlich, sogar ein 82-jähriger Mieter kommt gut damit zurecht.”
Informationen in Echtzeit
Die Installationsarbeiten an sich wurden von IZEN in rekordverdächtigen zehn Tagen bewältigt. „Wir konnten die Erfahrungen aus dem ersten Projekt im Frühjahr nutzen, um das zweite Projekt effizienter zu managen und unseren Organisationsaufwand zu verringern“, erläutert Gilles Raemdonck, Projektleiter Sozialwohnungen bei IZEN.
Wir haben vor Ort ein Logistikzentrum eingerichtet, von wo wir PV-Module, Wechselrichter und Montagematerial lieferten. In diesem Hub gab es Lagerkapazitäten und ein mobiles Büro für den Projektleiter, der von dort aus die sieben Montageteams koordinierte.
Um die knappen Fristen einzuhalten, setzte man einmal mehr auf den engen Austausch mit den Mietparteien. „Der Erfolg des Projektes hängt auch von den 102 beteiligten Familien ab“, so Raemdonck. „Sie müssen wissen, wann wir das System installieren und was wir von ihnen erwarten, beispielsweise den Garten oder die Terrasse freiräumen, damit wir dort unser Material hinstellen können.”
„Um einen reibungslosen Ablauf zu gewährleisten, haben wir an allen Wohnungstüren geklingelt, die Bewohner:innen noch einmal an den Installationstermin erinnert und sind sämtliche Aspekte des Projekts mit ihnen durchgegangen“, fügt Mieke Dobbenie hinzu.
Das IZEN-Team hat seinerseits einen Terminplan online gestellt, so dass die Mietparteien in Echtzeit den Fortgang der Arbeiten mitverfolgen konnten und über eventuelle Änderungen auf dem Laufenden waren. Eine eigene Hotline stand für Fragen zur Verfügung.
Gemeinsames Interesse
„Trotz der sehr knappen Bauzeit verlief das Projekt extrem reibungslos. Es gab nur sehr wenige Anfragen seitens der Bewohner:innen und keinerlei Beschwerden. Unsere Mieter:innen empfinden die Installation der PV-Anlagen als Glücksfall, weil dadurch ihre Stromrechnung geringer ausfällt“, so Dobbenie.
Für das Sozialwohnungsunternehmen SHM Denderstreek ergeben sich gleich zwei Vorteile: „Dank dieser Investition können unsere Mieter:innen den erzeugten Strom nutzen und so Kosten sparen. Gleichzeitig wird unser Wohnungsbestand nachhaltiger. Bis 2050 wollen wir pro Jahr 250.000 € für PV-Anlagen zur Verfügung stellen, so dass langfristig alle unsere 2.347 Sozialwohnungen einen EPC-Score von 100 erreichen. Dabei handelt es sich um ein Energieeffizienzzertifikat, bei dem zwischen 0 und 700 Punkte erzielt werden können“, so Van Den Berghe.
„Ein Teil des erzeugten Stroms wird eingespeist, weshalb wir die Tarife mit unserem Versorger aushandeln können”, fügt der Head of Technical Services von SHM Denderstreek hinzu.
15/02/2023