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Das bevorzugte Jagdrevier von Zertifizierungsstellen sind Büro- und Verwaltungsimmobilien mit immer enger abgesteckten Gütesiegeln und Labels, um den Substanz-, Nutz- und Gebrauchswert zu bescheinigen.

Über Li-Fi-Technologie beleuchtete und vernetzte Besprechungsecken, mobile Apps mit elektronischer Badge-Funktion sowie zur Betätigung von Licht, Jalousien und Klimaanlage in den Büros, zur Reservierung von Sitzungssälen oder Prüfung der Verfügbarkeit von Parkplätzen, biologische Luftreinigung, Fahrstühle mit Energierückgewinnung … Willkommen bei Ampère e+ in Paris La Défense in der neuen Zentrale von Sogeprom, der Immobilientochter der Société Générale-Gruppe.

16 Monate waren erforderlich, um das zehnstöckige Gebäude aus den 1980er-Jahren zu renovieren, die alte Fassade zu demontieren und durch eine Glasfassade zu ersetzen. Der von den Photovoltaik-Panels auf dem Dach und durch die Energierückgewinnung der Fahrstühle erzeugte Strom wird in Batterien mit einer Gesamtleistung von 96 kWh gespeichert und je nach Bedarf in Anspruch genommen. Die daraus gezogene Energie beträgt zwischen 5 und 15 Prozent des Strombedarfs. Dem vorteilhaften Eigenerzeugungs- und Speichersystem verdankt das Gebäude ein Lastabwurfpotenzial von ca. 8 Prozent.

Auf den Nutzwert ausgerichtete Methodik

„Dieses Projekt bündelt sämtliche Anforderungen an ein Smart Building: Es bietet einen höheren ökologischen und städtebaulichen Substanzwert sowie einen besseren Nutzwert und Komfort, damit sich die Nutzer wohlfühlen. Dieses Konzept verursacht keinerlei Mehrkosten und findet großen Anklang bei Unternehmen, die sich ihrer unternehmerischen Verantwortung gegenüber der Umwelt und Gesellschaft bewusst sind“, erklärt Christophe Dumas, Leiter für Technik und Innovation bei Sogeprom.

„Es wäre inzwischen mehr als schwierig, ein Objekt mit 15.000 Quadratmetern zu vermarkten, das nicht mindestens dem HQE- oder BREEAM-Standard genügt.“

Für die haustechnischen Gewerke Klima, Stromversorgung, Sanitär und Brandschutz hat die Société Générale-Tochter insbesondere mit VINCI Energies zusammengearbeitet. Innovativ bei Ampère e+ war, abgesehen von der leistungsfähigen Technologie, die vom Planungsstadium an gewählte Arbeitsmethode. „Bei Planung und Ausführung standen stets die Nutzer, die Funktionen und Dienste, die wir ihnen bieten können, und ihr Komfort im Mittelpunkt“, unterstreicht Christophe Dumas.

Proof of Concept im Maßstab 1:1

Ampère e+ kumuliert nicht nur technische und methodische Neuerungen, sondern auch Zertifizierungen und Labels: HQE Excellent, BREEAM Very good, BBC Effinergie Rénovation, Well Core & Shell Platinium, Well Interiors Gold und C2C Inspired Building für den Aspekt Kreislaufwirtschaft. „Ein Immobilienentwickler muss handfeste Beweise für die Stichhaltigkeit der Angebote vorlegen können, die er seinen Kunden täglich unterbreitet. Ampère e+ ist sozusagen ein Proof of Concept im Maßstab 1:1“, erläutert Christophe Dumas.

Die Immobilienbranche ist de facto ein beliebtes Jagdrevier für Zertifizierungsstellen. Die ersten einschlägigen Prüfzeichen – HQE in Frankreich und BREEAM in Großbritannien – gehen auf die 1990er-Jahre zurück.

Was vor einigen Jahren noch ein Pluspunkt war, ist heute unerlässlich. „Es wäre inzwischen mehr als schwierig, ein Objekt mit 15.000 Quadratmetern zu vermarkten, das nicht mindestens dem HQE- oder BREEAM-Standard genügt. Diese Labels sind fester Bestandteil der Anforderungen der Projektentwicklungsgesellschaften“, erklärt Sébastien Matrat, Chef der Firma Greenaffair.

Neue Label-Generation

Dem Green Soluce-Barometer 2016 zufolge waren zum 31.12.2015 in Frankreich 1552 Objekte (Neubau oder Altbausanierung) zertifiziert bzw. in einem laufenden Zertifizierungsverfahren, davon 82 Prozent gemäß NF HQE, 16 Prozent gemäß BREEAM und 2 Prozent nach der US-Norm Leed. Erstellt man eine Karte der zertifizierten Objekte, stellt man fest, dass sie fast ausschließlich im Pariser Raum liegen, konzentriert auf La Défense sowie die Stadtmitte und den Westen von Paris.

Und dies hat auch einen guten Grund, denn diese die baulichen Eigenschaften eines Objekts betreffenden Zertifizierungen (Energie-, Wasser- und Abfallmanagement) werden vor allem bei großen Büroimmobilien und Unternehmenszentralen gefordert.

Es tritt nun jedoch eine neue Generation von Zertifizierungen und Prüfzeichen (siehe Kasten) auf den Plan: Biodivercity, Bâtiment Bas Carbone, Minergi, Biosourcé, Passivhaus, Well und OsmoZ. Die meisten dieser neuen Gütesiegel für Gebäude betreffen zwar immer noch die Umweltleistung (Energieeffizienz, biologische Vielfalt, Baustoffe, Kreislaufwirtschaft), aber auch neue Aspekte wie Konnektivität, Wohlfühlfaktor und Komfort der Nutzer werden allmählich bewertet.

Seit 2014 gibt es den WELL Building Standard, ein von der amerikanischen Zertifizierungsstelle GBCI (Green Business Certification Inc.) vergebenes Label, das hauptsächlich auf den Nutzerkomfort von Mitarbeitern und Besuchern in Büro- und Verwaltungsbauten ausgerichtet ist. Das im März 2018 von der französischen Firma Certivéa eingeführte Label OsmoZ bewertet einen transversalen Ansatz, der personalpolitische Aspekte, die Innenausstattung und die Gebäudequalität umfasst.

„Der große Vorteil dieser neuen Ansätze ist, dass sie relativ flexibel handzuhaben sind. Aufgrund ihres stärker fokussierten Geltungsbereichs können die Verfahren auch nach dem Bauen von den Nutzern selbst initiiert oder sogar auf eine Etage beschränkt werden. In den meisten Fällen sind dafür auch keine baulichen Maßnahmen erforderlich“, unterstreicht Sébastien Matrat. Immobilienzertifizierungen stehen mit einem Wort allen offen, auch KMUs, und bieten jedermann, insbesondere den Nutzern, Vorteile.

Norm, Zertifizierung oder Label?

Eine Norm ist ein internationales Regelwerk, das von einem von der ISO (Internationale Organisation für Normung) anerkannten Normungsinstitut herausgegeben wird. In Frankreich ist dafür beispielsweise die Afnor (Association française de normalisation) zuständig. Eine Zertifizierung bezeichnet ein bestimmtes, gesetzlich geregeltes Verfahren mit Prüfung durch eine Zertifizierungsstelle. Ein Label bzw. Gütesiegel bescheinigt Qualitätsanforderungen, die von der dafür zuständigen Organisation festgelegt werden. Staatliche Prüfzeichen werden von einer unabhängigen, staatlich anerkannten akkreditierten Prüfstelle vergeben. In Frankreich übernimmt die Cofrac (Akkreditierungsstelle) diese Aufgabe. Private Labels werden nicht in allen Fällen von einer staatlich anerkannten Prüfstelle überwacht.

13/12/2018