Zur Erfüllung gesellschaftlicher und gesetzlicher Anforderungen an die Energieeffizienz setzt die Immobilienbranche zunehmend auf offene Daten.
Instandhaltungssoftware (CMMS), technisches Gebäudemanagement, Automatisierung und vernetzte Objekte: In Dienstleistungsgebäuden sind immer mehr digitale Equipments zu finden, die wiederum große Datenmengen generieren – zu den Gebäudemerkmalen, seinem Energieverbrauch, seiner Nutzung und zu zahlreichen Einflussgrößen. Zusammengenommen bilden sie den Rohstoff für das Smart Building.
Aus ökologischen Gründen tritt das Thema Energieeffizienz sowohl vertrieblich als auch im Betrieb immer stärker in den Vordergrund. In Frankreich steht allein der Dienstleistungssektor für 17 % der landesweit verbrauchten Energie. Er liegt somit an vierter Stelle hinter Verkehr (32 %), Wohngebäuden (29 %) und Industrie (19 %).
Die Immobilienbranche befasst sich derzeit massiv mit der Frage, was zu zahlreichen Innovationen im Bereich der Datennutzung führt. Die VINCI Energies-Gruppe hat die erste integrierte Plattform für die energetische Gebäudesanierung eingerichtet und macht Daten so zum Rohstoff ihrer Energieeffizienz-Strategie.
„Die Flexibilität und Rechenpower der Cloud bieten nie dagewesene Möglichkeiten.”
Die Erfassung, Analyse und Verwertung von Daten setzt voraus, dass man zwei Faktoren in den Griff bekommt: die Vielfalt der Datenquellen und die bisweilen schwindelerregende Informationsmenge.
„Der Datenaustausch und die Zusammenarbeit zwischen allen intelligenten Systemen im und ums Haus ist der Schlüssel zur Verwertbarkeit der erzeugten Daten. Lange Zeit haben Entwickler und Hersteller auf proprietäre Lösungen gesetzt, aber angesichts der notwendigen Interoperabilität der Systeme zeichnet sich zum Glück eine Trendumkehr ab“, erläutert Stéphane Bretin, Leiter Maintenance Europa und Building Solutions Services bei VINCI Energies.
Wave, Energiesparen per Mausklick
Der Trend zu offenen Systemen hat auch die Konzeption von Wave geleitet, eine Smart Building-Plattform, die als Demonstrator in der VINCI Energies-Regionalverwaltung in Lille implementiert wurde.
Mit der Lösung können per Webapp Verbraucher und Verbräuche (Wasser, Gas, Strom), Komfortfunktionen (Temperatur, Helligkeit, Jalousien usw.) und die verschiedenen Nutzerservices (Reservierung von Parkplätzen und Besprechungsräumen, Hausmeisterdienste) verwaltet werden.
„Wave nutzt die Technikmodule von Microsoft Azure, insbesondere Time Series Insights für das Energiemanagement. Für die Entwickler:innen bietet die Flexibilität und Rechenpower der Cloud nie dagewesene Möglichkeiten zur Duplizierung des Modells. Für die Nutzer:innen bedeutet das, dass sie ganz einfach eine einzige App für sämtliche Anwendungen einsetzen können“, erläutert Frédéric Thouot, BU-Leiter Smart Building Energies.
Wave wendet sich nämlich an alle Gebäudenutzer:innen, nicht nur an ein oder zwei Verwalter:innen. Die Plattform ist per PC oder Smartphone über das Web zugänglich. Kein Kennwort, kein Login, es reicht die Identifizierung über das Firmenkonto.
Wave möchte IT und Automatisierungstechnik zusammenbringen. Jede:r soll verstehen und handeln können.
Verstehen: Eine Grafik fasst die wichtigsten Daten der letzten 24 Stunden zusammen, Temperatur, Solltemperaturen, Wetter, Historie der Heiz- und Klimatisierungsleistung – ausgedrückt in Euro!
Handeln: Jede:r kann per Mausklick die Nachtabsenkung im gesamten Gebäude oder in bestimmten Bereichen aktivieren, die Stellung der Jalousien beliebig ändern, Heizung oder Klimaanlage abschalten usw.
„Erste Beobachtungen in damit ausgestatteten Unternehmen deuten auf Energieeinsparungen von etwa 50 % hin“, so Thouot.
Archipel-Komplex als BOS-Hochburg
Anderer Maßstab, anderer Ansatz: Um Daten zur Steigerung der Energieeffizienz nutzen zu können, setzt der Archipel-Komplex, Hauptsitz des VINCI-Konzerns in Nanterre und Arbeitsplatz für knapp 4.000 Beschäftigte, unter anderem auf das Building Operating System (BOS).
Das BOS ist eine Art „Betriebssystem für Gebäude“, es fördert den Datenaustausch zwischen sämtlichen Gebäudesystemen auf allen Infrastruktur- und Nutzungsebenen.
„Das BOS im Archipel-Komplex wurde auf einen Datenstrom von 20 Daten pro Sekunde im größten Gebäude ausgelegt. Etwa 20.000 Messpunkte werden eingebunden. Die Daten von etwa fünfzig unterschiedlichen Anlagentypen werden vom Supervisor für das technische Gebäudemanagement zur Datenbank übertragen“, so Stéphane Bretin.
Vor Ort wird das BOS mit den Komfortreglern verknüpft, dem Supervisor (zur Weiterleitung von Anlagendaten und Alarmen), dem CMMS, den Reglern für die Belegungssensoren in der Tiefgarage, der gesamten Projektdokumentation, dem BIM für die Gebäudebewirtschaftung.
Ein „allwissendes“ System, über das die Gebäudeverwaltung die Daten nach Bedarf organisieren und den Entwickler:innen zukünftiger Anwendungen in geeigneter Form zur Verfügung stellen kann.
20/01/2022