Der menschliche Körper als Vorbild für Energiespeicher von morgen
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Auf unserer Partnerwebsite „Le Monde de l’Energie“ veröffentlichter Artikel
Energiespeicher als wichtige Komponente für die Entwicklung neuer, umweltfreundlicherer Stromversorgungssysteme sind stark im Aufwind. Denn die zunehmende Nutzung regenerativer Energien aus intermittierenden Quellen, die Demokratisierung von eMobility und die Vielzahl mobiler Technologien haben einen enormen Speicherbedarf zum Zwecke der Stromversorgung zur Folge. Auch die Entwicklung von Wearables hat die Nachfrage nach leistungsfähigen und biegsamen Akkus nach oben geschraubt. US-Forschern scheint in diesem Bereich ein bedeutender Durchbruch gelungen zu sein. Sie haben nach dem Vorbild einer menschlichen Wirbelsäule eine Lithium-Ionen-Batterie mit einer bisher noch nie erreichten Dichte und Robustheit entwickelt. Hier die Erläuterung.
Eine biomimetische Innovation
Die wissenschaftliche Fachzeitschrift Advanced Materials hat vor Kurzem über Arbeiten des Forscherteams unter Leitung von Yuan Yang, Professor für Materialwissenschaften und Engineering an der Columbia University in den Vereinigten Staaten, berichtet.
Das Hochschulteam hat sich für die Entwicklung einer Lithium-Ionen-Batterie an den Merkmalen der menschlichen Wirbelsäule orientiert, wobei Biegsamkeit und Handhabung nicht zu Lasten der Speicherkapazität und der Leistungsmerkmale gehen durften. Professor Yuan Yang hatte für seine neue flexible Batterie den Aufbau einer Wirbelsäule vor Augen.
Konkret besteht diese neue Speichertechnologie aus starren Segmenten (Elektroden, die den Wirbeln entsprechen), die über eine biegsame Feinstruktur (ein Material mit nicht offengelegter Zusammensetzung, das sozusagen dem Knochenmark entspricht) miteinander verbunden sind. „Die Energiedichte unseres Prototyps ist eine der höchsten, die je erzielt wurde. Wir haben einen ganz einfachen, evolutiven Ansatz erarbeitet, um wirbelsäulentartige Lithium-Ionen-Batterien mit hervorragenden elektrochemischen und mechanischen Eigenschaften herzustellen. Unser Modell dürfte die erste Generation biegsamer Lithium-Ionen-Batterien werden, die in den Handel kommt. Wir arbeiten derzeit an der Optimierung des Designs und an der weiteren Verbesserung der Leistungsmerkmale“, freuen sich Professor Yang und sein Team berichten zu können.
Vielversprechende Eigenschaften
Die Idee der Wirbelsäule für seinen Prototyp kam Yuan Yang in einem Fitness Center. Bei Stretching-Übungen wurde ihm klar, dass sich starre, robuste Elemente zu einem flexiblen, leistungsfähigen Ganzen verbinden lassen.
Die Idee ist genial und goldrichtig. Im Advanced Materials-Artikel wird erläutert, dass die „Energiewirbel“ aus starken, starren Zellen bestehen, die die Energie in Form hauchdünner Kupferlamellenstapel speichern. Jeder „Wirbel“ wird dann in ein langes, dünnes, biegsames Gebilde integriert.
„Da die starre Elektrode ein wesentlich höheres Volumen hat als das flexible Zwischenstück, kann die Energiedichte einer solchen Batterie mehr als 85 % über der einer handelsüblichen Batterie im Standardformat liegen. Aufgrund des hohen Anteils aktiven Materials in der Gesamtstruktur besitzt unsere wirbelsäulenförmige Batterie eine sehr hohe Energiedichte – sehr viel höher als andere bekannte Anordnungen“, erklärt Professor Yang.
Kurs auf eine neue Generation flexibler Bildschirme und vernetzter Gewebe
Im Laborversuch haben die Forscher der Columbia University einen Prototypen kleineren Formats herangezogen, um eine vernetzte Uhr mit Strom zu versorgen. Nach 100 Lade-Entlade-Zyklen hatte die Batterie immer noch knapp 94% ihrer anfänglichen Speicherkapazität. Um die Biegsamkeit des Prototyps auf die Probe zu stellen, wurde die Batterie während der Entladephase (d.h. in der Zeit, in der die Uhr gespeist wird) ständig verbogen und verdreht.
Die anschließenden Messungen haben ergeben, dass die Biege- und Drehbeanspruchungen keinerlei Einfluss auf die Spannungskurve hatten. Auch bei der Prüfung nach erfolgter Demontage wurden keine erheblichen Schäden an den Batteriekomponenten festgestellt und so der Beweis für die mechanische Festigkeit erbracht. „Unsere wirbelsäulenartige Anordnung ist mechanisch sehr viel robuster als Batterien herkömmlichen Designs. Unser biomimetischer Neuerungsansatz zur Herstellung biegsamer Lithium-Ionen-Akkus könnte Wegbereiter für flexible Formate sein“, erklärte Professor Yang.
Die Markteinführung dieser Entwicklung ist noch nicht spruchreif. Die Forscher der Columbia University gehen jedoch davon aus, dass ihre Erfindung eine neue Ära flexibler Bildschirme und vernetzter Kleidung einläutet.
Ein Artikel unseres Partners „Le Monde de l’Energie“
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