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Die Entsorgung ausgedienter elektronischer Geräte ist heutzutage ein globales Problem. Um das Recycling solcher Abfälle zu beschleunigen, können Roboter zur optimierten Zerlegung der Altgeräte eingesetzt werden. Das bietet ökologische, ökonomische und personelle Vorteile.

Angesichts der Dringlichkeit der ökologischen Wende ist die fachgerechte Entsorgung von umwelt- und gesundheitsgefährdendem Elektro- und Elektronikschrott (WEEE) ein Muss. Obendrein können dabei wichtige Sekundärrohstoffe für die Industrie gewonnen werden, die in Zeiten knapperer Ressourcen und geopolitischer Instabilität immer schwerer zu beschaffen sind. Zumal die Nachfrage nach kritischen Rohstoffen weiter steigt.

WEEE fallen in riesigen Mengen an und gelten als zwar toxische, aber gleichzeitig auch sehr kostbare Abfälle: Die jährlich gesammelte Müllmenge enthält Rohstoffe im Wert von schätzungsweise 57 Mrd. Dollar. Im Jahr 2014 wurde die weltweit produzierte Menge an WEEE auf 44,4 Millionen Tonnen beziffert. Nach Angaben der Internationalen Fernmeldeunion soll sie bis 2030 auf 74,7 Millionen Tonnen ansteigen, was einer Verdopplung innerhalb von nur 16 Jahren entspricht.

Neues Verfahren

Es gibt zwar Recyclingkapazitäten für diese riesigen, toxischen Abfallmengen, aber das Verfahren funktioniert nicht zufriedenstellend. „Derzeit werden sie grob geschreddert und dann bestimmte Materialien aussortiert“, erläutert Ali Hamdan, Environment Market Manager bei Actemium.

Das Problem dabei: „Das Verfahren ist für komplexe Geräte wie etwa Smartphones, Server oder Computer ungeeignet, denn darin sind zahlreiche kritische Technologien und Materialien enthalten. Außerdem ist es unmöglich, am Ende der Lebensdauer eines Geräts bestimmte, noch funktionstüchtige Komponenten auszusortieren, die möglicherweise besonders kostspielig in der Herstellung sind, etwa Platinen, Schutzgläser oder Batteriezellen von Elektrofahrzeugen.”

„Actemium verfügt über umfassende Kompetenzen, die auf die technologischen Anforderungen der robotisierten Zerlegung zugeschnitten sind.”

Heute erfolgt die Zerlegung ausgedienter Geräte zwecks Recycling oder Wiederverwendung fast ausschließlich in Handarbeit. Das hat damit zu tun, dass die Identifizierung der Abfälle und das Auseinanderbauen der Equipments recht kompliziert sind. Dementsprechend zeitaufwändig, teuer und schwer ist diese Arbeit.

Zukunftslösung

Für ein effizienteres Recycling könnten in Zukunft Roboter die Zerlegung übernehmen. Es steht viel auf dem Spiel. Dank der WEEE- und der RoHS-Richtlinie (Restriction of Hazardous Substances) erreicht die Europäische Union, wo die größte Müllmenge pro Einwohner:in anfällt, eine der weltweit besten Sammelquoten (durchschnittlich 54 %). Asien liegt bei etwa 12 %, andere Weltregionen (Amerika, Ozeanien, Afrika) erreichen unter 10 %. Aber neben dem WEEE stellt sich auch die Frage des Recyclings der Batterien von Elektrofahrzeugen, deren Zahl rasch wächst. Genauso wie Elektro- und Elektronikschrott enthalten sie wertvolle Rohstoffe (Lithium, Nickel, Kobalt, Mangan usw.).

Die Robotisierung dieser Prozesse unterstützt die Mitarbeitenden und führt zu mehr Produktivität. Außerdem können bestimmte, besonders wertvolle Komponenten und Materialien zurückgewonnen werden, was unsere Abhängigkeit von Primärrohstoffen verringert und die Kreislaufwirtschaft fördert“, so Hamdan.

Die Zerlegung durch Roboter ermöglicht erhebliche skalenmäßige Einsparungen, deutlich größere Recyclingkapazitäten und besseren Gesundheitsschutz der Mitarbeitenden. Sie bietet einen Ausweg aus dem Personalmangel und verbessert gleichzeitig die Qualität der zurückgewonnenen Komponenten, weil menschliche Fehler vermieden werden.

Hochmoderne Robotik

Für eine automatisierte Zerlegung sind modernste, mit Sensoren ausgestattete Roboter und Spezialmaschinen erforderlich. Industrie 4.0, das Internet der Dinge (IoT) sowie kooperative und kollaborative Robotik versprechen allerdings große technische Fortschritte in diesem Bereich, so dass die Zerlegung durch Roboter keine Zukunftsmusik bleiben muss.

„Im Rahmen dieser Entwicklung kann Actemium eine Rolle als Systemintegrator für die Industrie spielen. Wir verfügen über umfassende Kompetenzen, die auf die technologischen Anforderungen der robotisierten Zerlegung (Robotertechnik, Spezialmaschinen, maschinelles Sehen, künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen, manuelle Verfahren usw.) zugeschnitten sind“, bemerkt Hamdan. Er fügt hinzu: „Wenn die Projektgröße stimmt und entsprechende Kapazitäten vorhanden sind, können die Business Units von Actemium durchaus auch als Komplettanbieter fungieren.“


Batteriezerlegung

Zerlegeroboter sind keine Science-Fiction. Es gibt bereits Anwendungsfälle, insbesondere für Batterien von Elektrofahrzeugen und für Smartphones.

So haben der schwedische Batteriehersteller Northvolt und der norwegische Energie- und Aluminiumkonzern Hydro gemeinsam das Unternehmen Hydrovolt gegründet. Ihr Ziel ist der Aufbau nachhaltiger Batterie-Recyclingkapazitäten in Europa.

Das erste Werk im norwegischen Fredrikstad verarbeitet pro Jahr 12.000 Tonnen Batterien, das entspricht 25.000 Lithium-Akkus. Bei Hydrovolt werden die ausgedienten Energiespeicher in einem automatisierten Verfahren auf das Recycling vorbereitet.

Ein weiteres Beispiel: Li-Cycle. Die kanadische Firma hat ein Recyclingverfahren für Lithium-Batterien entwickelt, das eine Effizienz von 95 % erreicht. Sie peilt eine jährliche weltweite Gesamtrecyclingkapazität von 100.000 Tonnen an. Vor kurzem öffnete ein Werk in Magdeburg (Sachsen-Anhalt) seine Tore. Es ist bereits die fünfte Fabrik von Li-Cycle, allerdings die erste in Europa. Zwei weitere sind geplant, darunter eine in Nordfrankreich nahe Lens.

„Allerdings können nur ökodesignte Lithium-Akkus unkompliziert zerlegt werden. Schon im Entwurfsstadium muss das Recycling des Produkts und somit dessen Zerlegung berücksichtigt werden. Lithiumbatterien des französischen Herstellers Gouach beispielsweise berücksichtigen diesen Grundsatz: Nicht umkehrbare Montageverfahren wie Löten oder Kleben werden vermieden“, unterstreicht Hamdan.

Es sind auch bereits schon Zerlegeroboter für Smartphones im Einsatz, beispielsweise Daisy von Apple. Dort ist eine Demontagelinie mit vier Roboterplattformen in Betrieb. Jede Plattform zerlegt stündlich 200 iPhones (18 Sekunden pro Telefon), das entspricht 1,2 Millionen iPhones pro Jahr. 23 unterschiedliche Modelle können verarbeitet werden. „Auch andere große Smartphone-Firmen experimentieren mit Zerlegerobotern. Das bietet Systemintegratoren wie Actemium hervorragende Geschäftsmöglichkeiten“, unterstreicht Ali Hamdan.


Neue Vorschriften und mehr Zusammenarbeit

Laut Ali Hamdan, Environment Market Manager bei Actemium, „dürften neue gesetzliche Vorgaben in Sachen Wiederverwertung von Bauteilen und Recycling bestimmter Materialien, aber auch zur verpflichtenden Reparierbarkeit, den Ausbau der robotergestützten Zerlegung deutlich beschleunigen. Darin liegt die Zukunft. Aber das funktioniert nur, wenn Recyclingfirmen, Hersteller (OEMs) und „Remanufacturers“ zusammenarbeiten“.

 

10/11/2024