Gehen Sie direkt zum Inhalt der Seite Gehen Sie zur Hauptnavigation Gehen Sie zur Forschung

Es ist eine Premiere in Frankreich: Die Regionalverwaltung von VINCI Energies im nordfranzösischen Lille wird direkt mit Photovoltaik-Strom vom eigenen Dach versorgt. Die Einspeisung von Gleich- statt Wechselstrom ist energieeffizienter und ressourcenschonender.

Bislang waren die Rollen von Gleich- und Wechselstrom klar aufgeteilt: Für die Übertragung, Verteilung und Hausstromversorgung (Beleuchtung, Heizung, Küche usw.) kam Wechselstrom zum Einsatz, während alle batterie- oder akkubetriebenen Geräte (Laptop, Handy, Elektroautos usw.) mit Gleichstrom liefen.

Doch das hat sich geändert, insbesondere seitdem mit dem WAVE-Gebäude der VINCI Energies-Regionalverwaltung in Lille gezeigt wurde, dass für die Hausversorgung auf das Wechselstromnetz verzichtet werden kann. Eine Premiere in Frankreich, hinter der mehrere Business Units von VINCI Energies Building Solutions stehen: Cegelec Nord Grands Projets (Planung), Delporte (Umsetzung), Lesot (PV-Anlage) und Smart Building Energies (Erweiterung der WAVE-Managementplattform).

„Diese Lösung erhöht die Energieeffizienz um 20 bis 30 % und spart bis zu 50 % Kupfer.”

Gemeinsam planten und implementieren sie eine Lösung, um die elektrischen Geräte im Gebäude direkt mit dem hauseigenen PV-Strom zu versorgen. Das System besteht aus Photovoltaik-Modulen auf dem Dach, einem halben Stockwerk mit Gleichstromversorgung (für Computer und Beleuchtung), Steckdosen in den Besprechungsräumen und einer Speicherbatterie. Ganz ohne Wechselstrom, Wechsel- und Gleichrichter*.

Energie- und ressourcensparend

Am Anfang dieser Frankreichpremiere stand eine einfache Frage: Wenn alle Equipments mit Gleichstrom funktionieren (Beleuchtung, Computer, Bildschirme, Telefone, Elektroautos usw.) und das WAVE-Gebäude mit seiner PV-Anlage selbst Gleichstrom produziert, warum muss dann der Umweg über ein Wechselstromnetz mit Stromrichtern, Verlusten und einem viel höheren Verbrauch genommen werden?

Weil die zweifache Umrichtung – von Gleich- in Wechselstrom zwischen PV-Anlage und Hausnetz und zurück von Wechsel- in Gleichstrom zwischen Hausnetz und Endgeräten (Laptops, Telefonen, Beleuchtung, Ladestationen usw.) – wegfällt, „erhöht diese Lösung die Energieeffizienz um 20 bis 30 %“, erläutert Eric Ammeux, BU-Leiter bei Cegelec Nord Grands Projets.

„Außerdem benötigen wir weniger Geräte und Kabel, so dass bis zu 50 % Kupfer eingespart werden. Das schont die natürlichen Ressourcen“, fügt er hinzu. Ein Gleichstromkabel hat nämlich nur zwei Kupferlitzen und nicht drei oder vier wie bei Wechselstrom. Dank der Anlage verbraucht WAVE in dem per Gleichstromnetz versorgten Gebäudeteil keinen Strom aus dem öffentlichen Netz und ist somit autark.

Aufgrund des Erfolgs beim WAVE-Gebäude entwickelt VINCI Energies nun ähnliche Projekte in anderen Städten (siehe Kasten). Das bestätigt, dass der bisher noch marginale Gleichstromeinsatz allmählich zunehmen dürfte. Vor dem Hintergrund der Energiewende liegen die Vorteile auf der Hand – insbesondere im Zusammenspiel mit Sonnen- und Windenergie.


Proyekt in Grenoble für Schneider Electric

Nach Lille kommt Grenoble. VINCI Energies entwickelt in der am Fuße der französischen Alpen gelegenen Stadt ein ähnliches Projekt wie im nordfranzösischen WAVE-Gebäude. Ein mit PV-Modulen ausgestattetes Schattendach soll den produzierten Strom direkt in Ladestationen einspeisen. Das Projekt im Auftrag von Schneider Electric steht kurz vor der Fertigstellung. „Weitere Projekte dieser Art für Kund:innen innerhalb wie außerhalb des Konzerns sind derzeit in Planung“, erläutert Eric Ammeux, BU-Leiter bei Cegelec Nord Grands Projets.


Der Stromkrieg

Der „Krieg“ zwischen Gleich- und Wechselstrom hat eine lange Geschichte. Alles beginnt Ende des 19. Jahrhunderts in den USA mit dem Sieg von Nikola Tesla, der auf Wechselstrom setzt, über den Gleichstrom-Befürworter Thomas Edison. Ein Sieg, der laut Jean-Luc Thomas, Professor am Conservatoire national des Arts et Métiers(1), vor allem deshalb errungen wurde, weil es „damals noch keine Gleichstrom-Umspanntrafos für Fernübertragung und Verteilung gab – für Wechselstrom hingegen schon.“ Aber dieser Sieg ist nicht von Dauer: Ein Jahrhundert später kommt die posthume Revanche für Edison. In den 1990er Jahren wird Gleichstrom mit dem Aufkommen der Leistungselektronik wieder populär, denn damit kann er endlich umgespannt und über große Distanzen übertragen werden. Diese Technologie kommt heute bevorzugt bei der Langstreckenübertragung zum Zuge. Kapitulation oder nur Waffenstillstand? Noch ist der Gleichstrom-Marktanteil gering, aber im Zusammenhang mit der Energiewende dürfte er zusehends größer werden – Stichwort Photovoltaik- und Windkraftanlagen. Allerdings erscheint eine plötzliche Abkehr von einer Infrastruktur, die in den letzten hundert Jahren gewachsen ist, vollkommen unvorstellbar.


*Gleichrichter verwenden eine Reihe von Halbleiterdioden, um Wechselstrom in Gleichstrom umzuformen.

** www.lesechos.fr

 

17/10/2024