CargoBeamer errichtet im nordfranzösischen Calais eine innovative, automatische Anlage zur schnellen Zugverladung von Lkw-Aufliegern. In Zukunft kann ein Vollzug innerhalb von 20 Minuten abgefertigt werden.
Calais ist das wichtigste Logistik-Drehkreuz zwischen dem Kontinent und den Britischen Inseln. Gerade entsteht dort ein Referenzprojekt im Bereich Huckepackverkehr. Die deutsche Firma CargoBeamer legt letzte Hand an ein automatisches, sehr innovativ konzipiertes Verladeterminal. Ab Frühjahr 2021 wird es die kritische Phase des Umladens von einem Verkehrsträger zum anderen spürbar vereinfachen.
„Calais ist nicht nur ein automatisches Eisenbahnterminal, sondern auch ein Nadelöhr zwischen dem Kontinent und einem Großbritannien, das zunehmend von Europa abrückt.”
Normalerweise werden die Sattelauflieger mit Portalkränen oder „Reach Stackern“ angehoben und bewegt, selbstfahrende Kräne, die insbesondere zum Containerhandling in Häfen eingesetzt werden. Bei dieser Handlingmethode, so Xavier Perrin, Generaldirektor Frankreich von CargoBeamer, „dauert die Bahnverladung von 35 Sattelaufliegern mit zwei Portalkränen eineinhalb Stunden.“ CargoBeamer, fügt er hinzu, „verkürzt diese Zeit auf 20 Minuten, und das, ohne die Lkw durch die Lüfte zu kutschieren“.
Grundlage der innovativen Anlage sind die so genannten „Waggonaufsätze“, mit denen der auf dem Bahnsteig abgestellte Sattelauflieger auf den Waggon befördert wird. Der Lkw-Fahrer positioniert seinen Auflieger auf dem Aufsatz, und nach dem Abkuppeln der Zugmaschine fährt der Aufsatz von der Seite auf den Waggon.
„Weniger Flächenverbrauch“
Der gesamte Prozess läuft automatisch ab. So kann ein kompletter Zug gleichzeitig be- und entladen werden. Dafür gibt es zwei 360 Meter lange Gleise, flankiert von zwei weiteren, 500 Meter langen Rangiergleisen. Das ist ein weiterer Vorteil des Systems, so der Generaldirektor Frankreich von CargoBeamer: der „geringere Flächenverbrauch“.
Mit der neuen Anlage werden gleich mehrere Ziele verfolgt. Zunächst soll der kombinierte Ladungsverkehr ausgebaut werden, der in Europa noch immer kaum verbreitet ist. Mehr Huckepackverkehr bedeutet weniger Lkw auf den Straßen und damit auch weniger CO2. Laut der deutschen Firma „verringern 35 CargoBeamer-Züge den CO2-Ausstoß um denselben Faktor wie eine Million Elektrofahrzeuge“.
Das ist beeindruckend, vor allem wenn man weiß, dass 40 % der Stickoxidemissionen auf Lkw zurückzuführen sind, die allerdings nur 5 % der europäischen Fahrzeugflotte ausmachen. Dies ergibt sich aus einer Studie der Europäischen Umweltagentur aus dem Jahr 2018. „In zwei Jahren kann das Terminal Calais zwölf Züge am Tag abfertigen“, erläutert Perrin.
Agiles Projekt
Calais ist ein Schlüsselprojekt für CargoBeamer, weil der Pilotstandort Maßstäbe für die weitere Verbreitung dieses Terminaltyps in ganz Europa setzt. Bereits jetzt ist geplant, das in Calais errichtete Modell auch in Domodossola bei Mailand in Italien und im nordrhein-westfälischen Kaldenkirchen bei Venlo zu bauen, außerdem in mehreren südfranzösischen Städten.
CargoBeamer setzte beim Projektmanagement in Calais auf Agilität und verfeinerte das Design während des gesamten Entwicklungsprozesses. Unter anderem war auch Actemium Boulogne-sur-Mer an dem Projekt beteiligt. Die Business Unit der VINCI Energies-Marke für Höchstleistungen in der Industrie war mit der Stromversorgung und -verteilung betraut.
„Actemium kümmert sich um die komplette Beleuchtung einschließlich der 150 Lkw-Stellplätze, um das Umladesystem, die Videoüberwachung und die Sicherheitstechnik. Dazu sind Wärmebildkameras installiert, um unbefugtes Betreten des Standorts zu verhindern“, erläutert Ludovic Ledoux, Projektleiter von Actemium Boulogne-sur-Mer.
Automatische Schleusensteuerung
Auch beim Management der fünf Zufahrtsschleusen wird auf Automatisierung und IT gesetzt. Mit einer von Actemium parametrierten Datenerfassungssoftware wird der jeweilige Sattelauflieger erkannt und die Zufahrtsschleuse geöffnet. Das erfolgt automatisch, auch wenn Personal von CargoBeamer vor Ort ist und im Notfall eingreifen kann.
Beim Durchfahren der Schleuse wird der Zustand des Aufliegers per Video in allen Details erfasst, falls nach erfolgtem Transport ein Schaden gemeldet wird. Dafür hat Actemium eine Software-Schnittstelle entwickelt und ein VMS-System (Video Management Software) konfiguriert.
„Sicherheit wird bei dieser Anlage großgeschrieben“, so Ledoux abschließend. „Calais ist nicht nur ein automatisches Eisenbahnterminal, sondern auch ein Nadelöhr zwischen dem Kontinent und einem Großbritannien, das zunehmend von Europa abrückt.”
17/05/2021
Weitere Infos:
https://www.eea.europa.eu/