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Durch die Speicherung von elektrischem Strom können erneuerbare Energien gezielt gesteuert und das Stromnetz stabilisiert werden. Es gibt verschiedene Speichertechniken – jede mit spezifischen Vorteilen und Grenzen. Überblick über einen äußerst innovativen, stark wachsenden Sektor.

Vor dem Hintergrund der internationalen Spannungen und der Verwerfungen auf dem globalen Energiemarkt hat die Europäische Kommission im Mai 2022 den Plan „REPowerEU“ vorgestellt, mit dem sie drei Ziele verfolgt: Energieeinsparungen, saubere Energieerzeugung, Diversifizierung der Bezugsquellen von Energie. Dieser Plan „stützt sich auf finanzielle und rechtliche Maßnahmen, um die in Europa notwendigen Energieinfrastrukturen und -systeme zu errichten“, unterstreicht Brüssel.

REPowerEU ist Teil einer breit angelegten Energiewende auf europäischer oder gar globaler Ebene. Er ergänzt das Programm „Fit for 55“ (ein Maßnahmenbündel zur Reduzierung des europäischen Treibhausgasausstoßes um 55 % bis 2030).

Die Frage der Speicherung ist für die Energiewende von entscheidender Bedeutung“, unterstreicht Markus Popp, Direktor der Marke Omexom von VINCI Energies, die auf große Stromnetze spezialisiert ist.

Und das gleich aus zwei Gründen: die Elektrifizierung der Mobilität und der industriellen Fertigung, aber auch die Veränderung des Strommixes hin zu mehr erneuerbaren Energiequellen wie Sonne und Wind. „Allerdings sind diese erneuerbaren Energiequellen per Definition unstet, sie unterliegen den Schwankungen von Windstärke und Sonneneinstrahlung“, fügt Popp hinzu.

Solange die Erneuerbaren nur einen geringen Anteil am Strommix ausmachen, können diese Schwankungen durch entsprechende Netzoptimierungsmaßnahmen ausgeglichen werden. Aber die internationalen Ziele zum Zurückfahren der fossilen Stromproduktion ändern die Lage radikal. Ganz zu schweigen von neuen Nutzungsformen: Die Stromproduktion wird immer dezentraler, der individuelle und kollektive Eigenverbrauch wächst. Es wird zunehmend erforderlich, den über Tag produzierten, überschüssigen Strom zur Abdeckung von Verbrauchsspitzen zu nutzen.

„Die Frage der Speicherung ist für die Energiewende von entscheidender Bedeutung.”

Die Stromspeicherung verfolgt genau dieses Ziel: Sie bietet eine Lösung, um Produktion und Verbrauch in Einklang zu bringen. Aber Strom lässt sich nicht so einfach speichern. Er muss zuvor in eine andere Form umgewandelt werden, mechanische, thermische oder chemische Energie (siehe dazu den Kasten „Die verschiedenen Speichertechnologien“). Jede Speichertechnik hat allerdings ihre Grenzen. „Heute bieten Lithium-Ionen-Batterien und Wasserstoff die größten Entwicklungspotentiale“, bemerkt Frank Westphal, Vorsitzender der Geschäftsführung VINCI Energies Deutschland Industry & Infrastructure.

Unterschiedlich ausgereifte Technologien

Batterien können zur Speicherung geringer bis mittlerer Leistungen und Strommengen über einige Stunden bis Tage eingesetzt werden. Mehrere Technologien sind ausgereift: Lithium-Ionen-, Natrium-Schwefel-, Blei-Säure-, Nickel-Cadmium-Batterien. Andere, etwa Natrium-Ionen- oder Graphen-Akkus, befinden sich noch im Entwicklungsstadium und dürften derzeit noch vorhandene Grenzen weiter verschieben, etwa in punkto Ladedauer, Speicherkapazität und den Einsatz leichter zu beschaffender Rohstoffe.

LFP-Batterien (Lithium-Eisen-Phosphat) sind besonders vielversprechend“, so Arnaud Banner, Leiter Technik und Innovation bei Omexom. „Ihre Bestandteile sind umweltfreundlicher als bei Lithium-Ionen-Batterien, weil auf Nickel und Kobalt verzichtet wird. Im stationären Bereich dominieren sie bereits heute.“ Anfangs waren sie aufgrund ihrer geringeren Energiedichte nicht für Elektrofahrzeuge geeignet. In der letzten Zeit wurden sie jedoch weiter verbessert, und Tesla Motors kündigte beispielsweise an, dass das neueste Megapack nickel- und kobaltfrei sei.

Derzeit werden in Frankreich bei batteriegestützten Speicherlösungen drei Entwicklungsschwerpunkte verfolgt: das „RINGO-Projekt“(*) des Stromnetzbetreibers RTE, Batterien „hinter dem Zähler“ in Privathaushalten, sowie die Nutzung von Elektrofahrzeugen zur Speicherung (siehe Kasten „Stromspeicherung mit Elektrofahrzeugen“).

Verheißung Wasserstoff

Bleibt noch Wasserstoff, eine zukunftsträchtige „chemische“ Lösung zur Speicherung im großen Stil, die aber auch für Elektrofahrzeuge genutzt werden kann. Mittels Elektrolyse hergestellter Wasserstoff kann in gasförmiger, flüssiger oder fester Form komprimiert werden. Wird der Herstellungs- und Umwandlungsprozess aus erneuerbaren Energiequellen gespeist, verwandelt sich Wasserstoff in einen erneuerbaren Energieträger und ermöglicht die Dekarbonisierung bestimmter Sektoren, insbesondere Industrie und Verkehr.

Eine weitere Anwendungsmöglichkeit: die Umwandlung von Strom in Gas, genannt Power-to-Gas (P2G). Dabei wird überschüssiger grüner Strom zur Wasserstoffproduktion per Wasserelektrolyse genutzt. Dieser Wasserstoff kann dann gespeichert oder mit Erdgas vermischt ins Netz eingespeist werden, so dass weniger fossiles Gas gebraucht wird.

Bis 2050 dürfte sich der Anteil von Strom am globalen Energiemix mehr als verdoppeln: von 19 % heute auf 45 %, davon 40 % Solar- und 29 % Windstrom. Die Frage der Speicherung gewinnt also immer mehr an Bedeutung.

 


Die verschiedenen Speichertechnologien

Derzeit gibt es verschiedene Systeme zur Stromspeicherung:

  • Die Schwerkraftspeicherung von Wasser in Pumpspeicherkraftwerken
  • Die „thermodynamische“ Speicherung mit Druckluftspeichern
  • Die „kinetische“ Speicherung mit Schwungradspeichern
  • Die „elektrochemische“ Speicherung in Batterien oder die „chemische“ Speicherung in Form von Wasserstoff

In Frankreich weisen Pumpspeicherkraftwerke und Druckluftspeicher ein begrenztes Entwicklungspotenzial auf. Schwungradspeicher bieten wiederum nur sehr kurze Speicherdauern und begrenzte Energiemengen. Die elektrochemische Speicherung hingegen verfügt über umfangreichere Möglichkeiten.

 


Energiespeicherung in Elektrofahrzeugen

Ein Auto wird 95 % der Zeit nicht genutzt. Die durchschnittliche, alltägliche Nutzung eines Elektrofahrzeugs erfordert gleichzeitig weniger als 80 % der Batteriekapazität. Wird es mit einem intelligenten Stromnetz verbunden, kann ein geparktes Elektroauto über seine Batterie kurzfristig Energie einspeisen. Das könnte insbesondere in Spitzenzeiten zur Versorgung der Haushalte beitragen. Bei dieser so genannten „Vehicle-to-Grid“-Technologie (V2G) werden die Fahrzeughalter:innen für die vorübergehende Nutzung der Batterie vergütet.

 

*Das Konzept der „virtuellen Stromleitung“ besteht darin, Ein- und Ausspeicherung jederzeit im Gleichgewicht zu halten: Ist eine Netzverbindung ausgelastet, wird der überschüssige Strom in einer Batterie im Vorfeld dieser Leitung gespeichert.

 

13/10/2022