Mobile Industrieroboter verzeichnen eine rasante Entwicklung. Um eine zuverlässige, stabile Verbindung auch an komplexen Standorten sicherzustellen, wird verstärkt auf private LTE-/5G-Netzwerke gesetzt. Axians wickelte bereits mehrere Projekte in diesem Bereich ab, vom Hafen Rotterdam bis hin zur Hauptverwaltung von Mercedes-Benz in Frankreich.
Private 5G-Netze für die Industrie gewährleisten, wenn sie bei Robotikanwendungen eingesetzt werden, zuverlässige Verbindungen mit geringer Latenzzeit. Sie sind an Industriestandorten aller Art implementierbar und erschließen Nutzungsmöglichkeiten, die bisher aufgrund technischer Einschränkungen undenkbar waren: „WLAN mit gedrosselter Sendeleistung braucht alle 30 Meter eine Antenne, was die Implementierung komplex macht. Insbesondere im Außenbereich, bei großen Standorten mit komplexer Umgebung – etwa in einem Stahlwerk oder einer petrochemischen Anlage – sorgt ein 5G-Netz bereits mit sehr wenigen Sendeantennen für eine zuverlässige, robuste Verbindung“, erläutert Yann Bertrand, International Business Development Manager bei Axians, der ICT-Marke von VINCI Energies.
„Auch bei mobilen Anwendungen stößt WLAN an seine Grenzen“, fügt er hinzu. „Es gibt immer mehr mobile Roboter in den Fabriken, und da kann auch ein kurzer Verbindungsabbruch Auswirkungen auf die Fertigung haben. So etwas kommt bei einem 5G-Netz nicht vor. »
Die vorhersagbare Netzabdeckung bei 5G und die zuverlässige Breitbandanbindung sind also gerade in der Industrie von großem Vorteil. Seit vier Jahren verfügen mehrere Containerterminals des Hafens Rotterdam über ein von Axians geplantes und implementiertes, privates Mobilfunknetz für ihre selbstfahrenden Portalhubwagen, welche die aus den Schiffen entladenen Container zu ihrem Lagerplatz befördern.
„Im WLAN gab es häufig Verbindungsabbrüche, die Fahrzeuge blieben dann unvermittelt stehen. Weil sich die Kosten einer solchen Betriebsunterbrechung pro Stunde auf 100.000 € belaufen, setzte der Hafen kurz entschlossen auf ein LTE-Netz, das bald auf 5G umgestellt wird“, berichtet Bertrand.
In jüngster Zeit ließ der Terminalbetreiber Sea-Invest im Hafen Bordeaux eine LTE-Antenne installieren, um am gesamten Standort die zuverlässige Anbindung der Bordrechner in den Kränen und Containerstaplern zu gewährleisten.
Steigende Nachfrage
„In der Robotik steckt die Implementierung privater LTE- und 5G-Netze noch in den Kinderschuhen. Es brauchte viel Überzeugungsarbeit; zudem sind seit neuestem auf den industriellen Bedarf zugeschnittene, preisgünstigere Lösungen verfügbar. Seit diesem Jahr springt der Markt an, speziell bei LTE. Die 5G-Technologie ist noch nicht einsatzreif, neue Anwendungsfälle sind in Entwicklung“, unterstreicht Bertrand.
2022 beauftragte der Roboter- und Automatisierungsanbieter Omron Nokia in Zusammenarbeit mit Axians (Engineering und Montage) mit der Implementierung eines privaten 5G-Netzes im Werk Argonay bei Annecy in den französischen Alpen, damit die Anbindung von Robotern über diese Technologie getestet und weiterentwickelt werden kann.
„In der Robotik steckt die Implementierung privater LTE-/5G-Netze noch in den Kinderschuhen.”
2023 implementierte Mercedes-Benz in seiner französischen Hauptverwaltung „Star Center“ westlich von Paris einen besonders originellen Use Case. Anstatt zahllose Ladestationen in seiner Tiefgarage zu installieren, setzte der deutsche Autokonzern auf autonome Roboter, welche sich selbsttätig mit den zu ladenden Fahrzeugen verbinden. Ihre Anbindung erfolgt über ein privates LTE-Netz, das mit einer einzigen Antenne sämtliche Stellplätze abdeckt.
Robotisierung und Virtualisierung
Die Implementierung privater LTE- und 5G-Netze bringt zahlreiche neue Nutzungsmöglichkeiten mit sich. So ist Axians gemeinsam mit dem Stellantis-Konzern und Herstellern vernetzter Werkzeuge, etwa dem Schraubwerkzeugspezialisten Miodex, an einem Forschungs- und Entwicklungsprogramm beteiligt, das von Bpifrance finanziert wird.
„Dank 5G können wir die Position von Objekten auf weniger als 50 cm genau bestimmen, langfristig soll die Genauigkeit sogar bei unter 10 cm liegen“, so Yann Bertrand. „Das sorgt für eine bessere Rückverfolgbarkeit der Qualität, weil überprüft werden kann, ob die Arbeit am richtigen Ort und in der richtigen Weise durchgeführt wurde. Außerdem kann die Nutzung von Werkzeugen blockiert werden, die für einen bestimmten Arbeitsplatz nicht geeignet sind.”
Gerade Flugzeughersteller sind dankbare Abnehmer solcher Lösungen. „Airbus verfügt über private Mobilfunknetze an seinen Produktionsstandorten, so dass die Netzabdeckung während der Montage bis in die hinterste Flügelspitze gesichert ist“, bemerkt Betrand.
Die nächsten Entwicklungsschritte bei der Virtualisierung von Produktionsanlagen machen die Werkzeugmaschine von ihrer Software und Betriebssystemen unabhängig und ermöglichen so Updates, Wartung und Reparatur per Fernzugriff (Robot-as-a-Service). Umso mehr kommt es auf eine zuverlässige, schnelle Netzanbindung an, so der Axians-Experte abschließend.
p5G4OT, der mobile Roboter in der Privat-5G-Version
Ende 2021 starteten Actemium und Axians, die Industrie- und die ICT-Marken von VINCI Energies, ein PoC (Proof of Concept) zum Bau eines mobilen, zuverlässigen und robusten Industrieroboters, der Daten in Innenräumen wie im Außenbereich erfassen kann. „Bei manchen unserer Projekte traten bisweilen Latenzprobleme auf. Deshalb wandten wir uns an Axians, wo man bereits an privaten Mobilfunknetzen für die Industrie arbeitete“, erläutert Frédéric Boulvert, Vertriebsingenieur Innovation bei Actemium Rennes, Moderator der Arbeitsgruppe Fortschrittliche Industrierobotik des Robotik-Clubs von Actemium. So entstand p5G4OT („private 5G for Operational Technology“). Der Demonstrator kann dank eines privaten 5G-Netzwerks Industrieteile oder andere Produkte an jedem Punkt eines Standorts ohne Verbindungsabbruch auf- und abladen. „So eine Konfiguration kann gerade dann notwendig sein, wenn die Roboter mit KI-gestützter Bildverarbeitung arbeiten, denn die Bildübertragung darf keinesfalls abreißen“, erläutert Boulvert und spricht auch die Vorteile der 5G-Technik für die Datensicherheit an: „Die Daten werden nämlich auf einem zentralen Server direkt am Standort verarbeitet“. Die Tests von p5G4OT in einer Industrieumgebung sind für den Sommer 2024 geplant.
17/10/2024