Die Stadt Boston setzte bereits 2009 auf Open Data. Heute ist diese Technik ein wichtiger Bestandteil der Kommunalpolitik.
Der Lebenslauf von Jascha Franklin-Hodge spricht für sich. 2004 Mitbegründer der Agentur für digitale Strategie, Blue State Digital (BSD), welche die Internet-Kampagnen von Barack Obama 2008 und 2012 steuerte, Berater der Nichtregierungsorganisation Code for America, Abschluss am MIT, heute Chief Information Officer der Stadt Boston (660.000 Einwohner): Franklin-Hodge ist zweifellos eine der weltweiten Galionsfiguren für Open Data.
Als solche hat ihn die Hauptstadt des Bundesstaates Massachusetts im Juni 2014 eingestellt. Seine Aufgabe: Die Schaffung, Implementierung und Leitung eines umfangreichen Systems, um von der Stadt generierte Daten zu sammeln und zur Verbesserung der städtischen Maßnahmen einzusetzen.
Die Bostoner Stadtverwaltung hat sehr früh erfasst, welchen Wert diese Daten für sie haben könnten. Einerseits zur Verbesserung ihrer Dienstleistungen in so vielfältigen kommunalen Aufgabenbereichen wie Mobilität, Energieverbrauch, Verwaltung der Infrastrukturen und des öffentlichen Raums, Volksgesundheit, Bildungswesen, Freizeit, Vereinsleben. Andererseits zur Förderung der demokratischen Transparenz durch Einbindung möglichst vieler Beteiligter: Bürger, Vereine, öffentliche Dienste, Start-Ups, Großunternehmen.
Citizen’s Connect und CityScore
Bereits 2009 ging die Stadt mit Citizen‘s Connect online, einer App, mit der jeder Bürger Bilder machen, sie geolokalisieren und kommentieren kann, um den städtischen Dienststellen ein Problem zu melden, dessen Lösung mitzuverfolgen, die beteiligten Mitarbeiter zu identifizieren und ihnen zu danken. Obwohl heute fast doppelt soviele Störungen gemeldet werden wie 2009, kann die Stadt mindestens 80 % davon beheben. Seit einigen Monaten verfügt Boston nun über CityScore, eine App, mit der etwa zwanzig Kennzahlen in Echtzeit abgerufen werden können. Es handelt sich dabei um eines der am weitesten fortgeschrittenen amerikanischen Projekte im Crowdsourcing-Bereich.
Die Lösung hat sich insbesondere als sehr nützlich herausgestellt, als nach dem Wirbelsturm Sandy die Straßen freigeräumt und die Stromversorgung wiederhergestellt werden musste.
Data gegen Armut und Gewalt
Auch in einem anderen Bereich ermöglicht der Abgleich der Daten aus Citizen‘s Connect und aus Open Data-Portalen der Stadt eine prädiktive Analyse von sozialen Brennpunkten, um gegen Armut und Gewalt in bestimmten Stadtvierteln zu kämpfen.
Die Open Data-Strategie der Stadt Boston stützt sich hauptsächlich auf zwei Stellen: das Department of Innovation and Technology (DoIT) und das Mayor‘s Office of New Urban Mechanics (MONUM), eine 2010 gegründete Forschungseinrichtung zum Thema urbane Nutzungsformen.
Dank der Zusammenarbeit mit diesen beiden Einrichtungen konnte die Stadt das Portal „Boston About Results“ ins Leben rufen, über das die Bürger mehr oder weniger genau die Ergebnisse zahlreicher Verwaltungen und die Entwicklung der sozioökonomischen Statistiken der Stadt mitverfolgen können (Arbeitslosigkeit, Investitionen, Unternehmensgründungen, Fortschritte einer Verwaltung bei der Erreichung bestimmter Ziele usw.).
Die Bürger verfügen außerdem über einzigartige mobile Partizipations-Apps. Etwa „Street Bump“, eine App, die bei Autofahrten auf die Bewegungssensoren und das GPS des Smartphones zugreift, um Unebenheiten in der Fahrbahndecke zu erfassen und an die Stadt zu melden, oder „Where‘s My School Bus“, mit der in Echtzeit die Position der Schulbusse angezeigt wird.
13/03/2017