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In den letzten Jahren haben einige berühmte Bordeaux-Weingüter ihr Geschäft digitalisiert und wollen so die Qualität ihrer Weine verbessern. Unterstützt werden sie dabei von Actemium Bordeaux Process.

Weinbau stellt man sich gemeinhin als eine auf ihre Traditionen und die Wahrung ihrer Betriebsgeheimnisse bedachte Welt vor, die mit Industrieproduktion und Digitalisierung nichts am Hut hat. Allerdings haben eine Reihe von Weingütern im Bordeaux ihre Keller für digitale Lösungen geöffnet, die direkt aus der Fabrik der Zukunft stammen. So investierte bereits 2021 ein Château im Gebiet Entre-deux-Mers in vier große, selbstfahrende Roboter, die für die Beförderung der Trauben in die Gärbottiche sorgen (siehe dazu den Artikel „Roboter und Wein“).

Knapp vier Jahre später pendeln die lasergesteuerten Maschinen immer noch zwischen Traubenannahme und Keller und transportieren dabei bis zu 10 Tonnen Erntegut pro Stunde. Das steigert nicht nur die Produktivität, sondern bringt auch Vorteile für die Arbeitssicherheit und Gesundheit des Personals: Es müssen weniger schwere Lasten bewegt werden, das Risiko eines Unfalls oder von Erkrankungen des Haltungs- und Bewegungsapparates sinkt.

„Seit diesem Projekt, wahrscheinlich eine Weltpremiere, interessieren sich auch andere renommierte Häuser für Lösungen und Prozesse zur Automatisierung und Überwachung der Produktion. Optionen und Anwendungsfälle sind dabei individuell auf Betriebe und Kellermeister:innen zugeschnitten. In dieser Branche ist es vielleicht noch wichtiger als anderswo, maßgeschneiderte Lösungen anzubieten und objektive Parameter einzuhalten, aber auch sehr ausgeprägte kulturelle Befindlichkeiten zu beachten“, unterstreicht Stéphane Angevin, Projektleiter Automatisierung und Industrieinformatik bei Actemium Bordeaux Process.

Automatische Temperaturführung

So halten langsam, aber sicher Roboter, IoT, RFID-Etiketten, Mensch-Maschine-Schnittstellen, berührungsempfindliche Displays, Sensoren und Messfühler Einzug in die Keller und Tanks von renommierten Weingütern im Bordeaux.

Besonders interessiert sind sie an Anwendungen zur Temperaturführung bei der Gärung. Lange Zeit wurden zur Messung des Mostgewichts händisch Proben gezogen. Das war zeitintensiv und lieferte lediglich Momentaufnahmen. Zur genaueren Kontrolle und Verbesserung der Mostqualität setzten einige innovative Kellermeister:innen deshalb schon früh auf vernetzte Lösungen, wie sie auch im Auto- und Flugzeugbau eingesetzt werden.

Tausende Daten gehen in die Cloud und sind dort abrufbar.

So schaffte ein Weinbaubetrieb im Gebiet Saint-Julien für seine 80 Gärbottiche vernetzte Messfühler zur eigenständigen Dichtemessung an. Der Kellermeister kann am Computer in Echtzeit Temperaturdaten abfragen, anhand der Alkoholkonzentration (ABV) und des Zuckergehalts (Grad Brix) die Gärung genau überwachen und bei Abweichungen sofort eingreifen.

Verläuft die Gärung etwa zu langsam oder bricht ab, erhält er sofort eine Nachricht per SMS, E-Mail oder Textmeldung. Das vermeidet Qualitätsverluste. Endet beispielsweise die Gärung zu früh, kann das Werteinbußen von bis zu 10 % zur Folge haben.

Umfassende Rückverfolgbarkeit

Zur Temperatursteuerung kommen weitere digitale Anwendungen. Gemeinsam mit dem Winzertechnik-Startup Onafis aus Nantes implementierte Actemium Bordeaux Process bei einem Kunden ein umfassendes Rückverfolgbarkeitssystem. Es beruht auf der Automatisierung des gesamten Produktionsprozesses, von der Planung der Weinlese bis hin zur Flaschenabfüllung.

Die umfassende Rückverfolgbarkeit macht alles identifizierbar, messbar und analysierbar: Volumina, Gewichte, Abbeerverluste, mikrobiologische Risiken, die Parzelle, aus der die Trauben in einem bestimmten Gärbottich stammen, den Ertrag jedes Quadratmeters Weinberg usw. Weil alle Sensoren über das internationale IO Link-Protokoll vernetzt sind, können per Fernabfrage Diagnosen durchgeführt und schnellstmöglich Korrektur- oder Vorbeugungsmaßnahmen programmiert werden.

Bei einem Weingut mit knapp 150 Tanks und gut 100 Fuderfässern – riesigen Gärbottichen aus Holz – werden insgesamt zwischen 15.000 und 20.000 Datenpunkte in die Cloud hochgeladen und sind dort für den Winzer abrufbar.

Diese Fülle an Informationen bietet nie dagewesene Möglichkeiten zur Produktionssteuerung und -optimierung“, unterstreicht Angevin. So können beispielsweise die Einfüllklappen der Gärbottiche in Abhängigkeit von der Herkunft der Trauben geöffnet werden. Auch die Rektifizierung der Herkünfte in einer Cuvée ist möglich. „Letztlich“, so sein Fazit, „kann der Kellermeister seine Produktivität deutlich steigern und die Qualität jedes einzelnen Arbeitsschritts verbessern.”

13/03/2025