Wie sich der Hafen von Rotterdam auf den Schiffsverkehr der Zukunft vorbereitet
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Der größte Hafen Europas entwickelt zusammen mit Axians eine IoT-Plattform, um die Abläufe noch stärker zu automatisieren und die Leistung weiter verbessern zu können.
Mit 140.000 Schiffen pro Jahr ist Rotterdam (Niederlande) einer der größten Häfen der Welt und die Nummer eins in Europa. Diese Position will die Hafenbehörde mit der bereits weit vorangeschrittenen Digitalisierung weiter festigen. Dem Hafen wird ein digitaler Zwilling zur Seite gestellt. Mehrere Applikationen wurden bereits erprobt, so zum Beispiel Shiptracker,
mit der per Internet angezeigt wird, welche Schiffe angelegt haben und welche sich nähern, jeweils mit der geschätzten Ankunftszeit und Angabe der Anlegestelle.
Bis 2030 dürfte die Vernetzung und Einbindung aller für den Hafen relevanten Fremddaten zu 100 Prozent sicher, zuverlässig und standardisiert sein, um einen Hafenbetrieb für autonome Schiffe gewährleisten zu können. „In mit Hafenanlagen vergleichbaren Bereichen haben die in Bezug auf Lager- und Terminalautomation technisch modernsten Anlagen erhebliche Fortschritte in puncto Zuverlässigkeit, Sicherheit und Rentabilität gemacht“, merkt Vincent Campfens an, der für die Digitalisierung des Hafens Rotterdam zuständig und von den künftigen Standortvorteilen dieser Strategie überzeugt ist.
Ein wichtiger Meilenstein bei der Digitalisierung des Rotterdamer Hafens war 2017 der Beschluss, alle Sensordaten auf einer einzigen IoT-Plattform zusammenzufassen. Axians, die IKT-Marke von VINCI Energies, wurde damit betraut, den Hafen gerätetechnisch auszustatten, eine Software zu entwickeln und das IoT-System mit Watson IoT, dem auf künstlicher Intelligenz basierten Datenverarbeitungssystem von IBM, zu betreiben.
„Die gesicherten Sensordaten werden mithilfe von Cisco Kinetic an Watson IoT übertragen. Auf Basis einer Echtzeitanalyse erfolgt eine Bestätigung der Daten mit Hinzufügung einer geografischen Information mit der ESRI-Software ArcGIS“, präzisiert Vincent Campfens.
Das Sensornetz erfasst auf dem sich über 42 Kilometer erstreckenden Hafengelände von der landeinwärts gelegenen Stadt bis zur Nordsee eine Vielzahl von Echtzeitdaten über Wetter, Wasserstand, Gezeiten, Strömungen, Temperatur, Windgeschwindigkeit, Sichtverhältnisse usw. Diese dynamischen Daten werden von der IoT-Plattform mit den statischen Daten über bereits digital erfasste Infrastrukturen wie Hafenmauern und Dalben aggregiert. Über autorisierte Programmierschnittstellen erhalten die Nutzer dann Zugang zu den sie betreffenden Daten.
Hundertprozentig zuverlässige Daten
Die von Watson IoT verarbeiteten Daten sind für die Hafenbehörden, Reeder, Dienstleister und andere Stakeholder eine wichtige Entscheidungshilfe, um Wartezeiten zu verkürzen und sehr viel präziser den richtigen Anlegezeitpunkt zum Be- und Entladen der Schiffe festzulegen.
„Für uns ist vor allem wichtig“, erklärt Vincent Campfens, „dass wir den Schiffen mit dieser Technologie hundertprozentig zuverlässige Daten über alle statischen und sich verändernden Hafenbedingungen in Rotterdam liefern können und ihnen so die Möglichkeit geben, vorauszuplanen.“
Wartung und Instandhaltung
Dank der IoT-Plattform ist mithilfe von prädiktiver und programmierter Wartung und Instandhaltung auch eine optimierte Infrastrukturleistung zu erwarten. „Meist sind Sensoren bereits im Planungsstadium vorgesehen“, hebt er hervor. Es genügt, die Messdaten der Bauwerke beim Bestandsmanagement zu berücksichtigen.
Kosteneinsparungen lassen sich auch durch die genaue Analyse der per Radar und Luftüberwachung erfassten Schiffsbewegungen erzielen. Beim Ausbaggern der Schifffahrtsrinnen kann beispielsweise dem präzisen Tiefgang und der effektiven Route der Schiffe Rechnung getragen werden.
Datenaustausch
Zusätzlich verstärkt wird die Effizienz der Prozesse auch durch den Austausch von Daten unter den zahlreichen Stakeholdern des Hafens, die die Vorgänge anderer mitverfolgen können. Das gilt im Hafenbereich für die Formalitäten für den Containerumschlag, die Kraftstoffversorgung und die Abfallentsorgung und zu einem späteren Zeitpunkt auch für die Anbindung an das Hinterland. Eine Erfolgsgeschichte ist auch die erste, überall auf der Welt verwendbare Port Call Optimization-App namens Pronto, die der Hafen Rotterdam entwickelt hat.
Als wichtiges Glied in der Lieferkette muss sich der Hafen um einen flüssigen Warenverkehr mit den Städten und Ländern bemühen, die über ihn versorgt werden. Künftig ist auch ein Datenaustausch mit Verteillagern im Hinterland und Spediteuren geplant, um bei verspätetem Eintreffen eines Schiffes die Fahrten entsprechend zu programmieren.
Im Sinne der Öffnung und der Entwicklung von Hybridsystemen arbeitet Rotterdam auch mit anderen Häfen auf der Welt zusammen, um künftig Daten zur Planung und ständigen Verfolgung der Schiffsbewegungen von einem Hafen zum anderen auszutauschen. Die Vernetzung der Häfen wird dann der Welt der Flughäfen gleichen.
13/06/2019
Weitere Infos:
https://www.axians.com/