Die Stadt Vicenza im Nordosten Italiens nutzt mittels eines innovativen Tools zahlreiche Sensordaten, um digitale Dienste zu steuern und zu verbessern sowie neue Anwendungsfelder zu schaffen.
Vicenza liegt in der Provinz Venetien und hat 115.000 Einwohner. Die Stadt testet derzeit Tools für die Smart City. Sie stützt sich auf Big Data, um den Verkehrsfluss und die Müllabfuhr zu verbessern und den Energieverbrauch der städtischen Gebäude zu verringern. Dieser Ansatz zielt auf mehr Zusammenarbeit zwischen Stadt und Bürgern ab, damit den Erwartungen von Behörden, Wirtschaft und Einwohnern stärker Rechnung getragen werden kann.
Die städtischen Betriebe (AIM Vicenza SpA) sind für Energie- und Kommunikationsnetze, Parkraumbewirtschaftung, Müllabfuhr und Grünflächenpflege zuständig und haben Axians, die ICT-Marke von VINCI Energies, mit der Durchführung eines „Proof of Concept“ beauftragt. Je nach Ergebnis soll das System im gesamten Stadtgebiet implementiert werden.
Die von Axians Italien implementierten Services zeigen, welche Ambitionen die Politik verfolgt: Parkraum-Management, Optimierung der Müllabfuhr, Verwaltung und Instandhaltung der öffentlichen Gebäude, Management der Ampelkreuzungen und Verbesserung des ÖPNV. Dazu wurden zahlreiche Sensoren installiert, die über ein LPWAN-Netzwerk vom Typ LoRaWAN kommunizieren und ihre Daten übermitteln.
„Auf Parkplätzen“, erläutert Andrea Troisi von Axians Italien, „erfassen wir mittels Sensoren, welche Stellplätze belegt sind. So können wir die Belegung in Echtzeit erfassen und die Parkraumbewirtschaftung effizienter gestalten, aber auch Einnahmen für die Stadt generieren, indem wir eine App mit den Parkautomaten koppeln.“ Durch das effizientere System wird es zudem für die Autofahrer einfacher, einen Platz zu finden und zu bezahlen. Die Nutzer gewinnen Zeit, gleichzeitig sinkt der Schadstoffausstoß durch Park-Such-Verkehr.
Müllabfuhr „on demand“
Die an öffentlichen Müllbehältern installierten Sensoren sind an das Überwachungssystem gekoppelt und sorgen dafür, dass diese Gefäße nur noch geleert werden, wenn sie voll sind. Unnötige Fahrten werden vermieden. Außerdem werden mehrere Touren am Tag organisiert, wenn Großveranstaltungen stattfinden. Auch davon profitieren die Bürger: Dank dieses Systems bleiben die Straßen sauber und es sind weniger Müllfahrzeuge im Einsatz.
In öffentlichen Gebäuden werden Temperatur, Feuchtigkeit, Lichteinstrahlung und CO2-Gehalt erfasst. So können Heizung, Lüftung und Klimatechnik optimiert werden. Andrea Troisi erklärt dazu: „Durch die datenabhängige Steuerung spart die Stadt Energie, gleichzeitig fühlen sich die Nutzer der Räumlichkeiten wohler, weil ein konstantes Mikroklima herrscht.“
Dieser erste Proof of Concept verlief äußerst erfolgreich für die städtischen Dienste. „Sie verzeichneten einen sehr positiven Einfluss dieser bahnbrechenden Technologien auf ihr Wirtschaftsmodell und ihre Abläufe“, berichtet der Axians-Manager. Daraus entstanden neue Marktperspektiven, und die großräumige Implementierung des getesteten Systems wird weitere Bereiche abdecken. So soll durch die Erfassung der Fahrgastzahlen im ÖPNV für einen besseren Verkehrsfluss gesorgt werden; intelligente Stadtbeleuchtung wird sich der tatsächlichen Nutzung durch die Bürger anpassen und gleichzeitig Energie sparen.
Datenkonvergenz
Die Stadt Vicenza wird langfristig über eine Leitzentrale verfügen, wo alle Daten aus den verschiedenen Quellen zusammenlaufen. Das für diesen POC implementierte IT-System stützt sich auf offene, interoperable Technologien, was die Fortführung des Projekts erleichtert. Laut Troisi können die städtischen Entscheidungsträger nun anhand der gesammelten Daten „ermitteln, mit welchen Stellschrauben große Einsparungen möglich sind und sich gleichzeitig die Lebensqualität der Bürger spürbar verbessert“.
„Der Abgleich unterschiedlichster Daten ist einer der Schlüssel zu einem erfolgreichen Smart-City-Projekt“, fügt Edouard Henry-Biabaud hinzu, Business Developer der Marke Axians. Allerdings betont er, dass der Begriff Smart City noch allzu häufig mit der reinen Digitalisierung vorhandener städtischer Dienste gleichgesetzt werde, ohne die vorhandene Silostruktur zu durchbrechen. Eine solche Lösung ermögliche zwar Einsparungen in jedem Bereich, langfristig sei dadurch jedoch kein echter Qualitätssprung möglich.
Der Abgleich unterschiedlichster Daten ist einer der Schlüssel zu einem erfolgreichen Smart-City-Projekt
Hierfür brauche es vielmehr einen bereichsübergreifenden Ansatz, der alle Funktionen einer Stadt berücksichtigt. Diese globale Vision erleichtere die Analyse der Verbesserungsmöglichkeiten und sorge für optimale Entscheidungen, die mehrere städtische Dienste einbinden.
Henry-Biabaud erläutert dies an folgendem Beispiel: „Bald ist der dritte Freitag des Monats, Markttag. Laut Wettervorhersage wird es ein sonniger Dezembertag, es ist ein Fest geplant. Kommen angesichts der Jahreszeit und des Wetters mehr Menschen als sonst in die Stadt? Führt das zu schlechterer Luft im Zentrum? Wenn der Smart-City-Ansatz richtig umgesetzt ist, haben die technischen Dienststellen der Stadtverwaltung einen guten Überblick und können vorhersagen, wie dicht der Verkehr sein wird und ob das Auswirkungen auf die Luftqualität hat. Falls ja, kann man dem vorgreifen und beispielsweise die Müllabfuhrtermine umlegen, die Fahrtrichtung in bestimmten Straßen ändern oder Park-and-Ride-Parkplätze sowie kostenlosen Nahverkehr anbieten.“
Um sich diesen globalen Überblick zu verschaffen, müssen die entsprechenden Informationen anhand von unterschiedlichsten Daten aus dem gesamten Stadtgebiet generiert werden. Die Sicherheit dieser Daten wird von der Erfassung bis zur Verarbeitung gewährleistet. Alle Daten werden zentral gespeichert, was den Abgleich erleichtert. Ein konvergentes Erfassungs-, Transport- und Speichersystem ist für den Schutz der Daten unabdingbar. Grundlage dieses Systems sind offene Standardtechnologien, um die Nachhaltigkeit der getätigten Investitionen zu gewährleisten.
Gemanagt wird das System von der Stadtverwaltung, die auch für den Schutz der Privatsphäre ihrer Bürger verantwortlich ist. Weil die Stadt Eigentümerin dieses Informationssystems ist, behält sie die Kontrolle über die Daten und die Entscheidungshoheit in ihrem Zuständigkeitsbereich. Die von Axians implementierten konvergenten Informationssysteme geben den Stadtverwaltungen letztlich ein Management-Tool an die Hand, das entweder einen vertikalen Überblick nach Fachbereichen oder eine globale Vision der städtischen Funktionsbereiche liefert.
Aber auf dem Pilotensessel sitze die Stadt, fügt Henry-Biabaud hinzu. Sie muss mit Unterstützung von Experten die erfassten Daten „zum Sprechen bringen“, um die notwendigen Maßnahmen für eine lebenswertere Stadt umzusetzen.