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Der schwedische Möbelriese, Sinnbild der XXL-Distribution, will dank E-Commerce noch effizienter und agiler werden. Seit 2018 befindet sich der Konzern in einer radikalen digitalen Transformation und setzt dabei insbesondere auf Cloudlösungen. Angesichts der Coronakrise hat er seine Anstrengungen in diesem Bereich weiter verstärkt.

Bei IKEA kommt die Transformation in großen Schritten voran. Im Mai 2021 hat der schwedische Möbelriese den Bau eines gigantischen Lagers mit einer Fläche von 72.000 m² angekündigt. Es entsteht in der Nähe des Binnenhafens von Limay-Porcheville westlich von Paris. Das Investitionsvolumen beträgt 120 Mio. Euro. Das neue Logistikzentrum soll 2026 in Betrieb gehen und vor allem den Online-Handel abwickeln.

Das Großprojekt ist Teil der 2018 gestarteten Strategie des Konzerns zur klaren Ausrichtung auf das Online-Geschäft. „Die Digitalisierung bietet uns neue Möglichkeiten im Einzelhandel. Die wollen wir nutzen, um den Kundenkontakt auszubauen und gleichzeitig weiterhin das beste Kundenerlebnis zu gewährleisten“, erläuterte Tolga Öncü, Leiter Einzelhandel bei IKEA, in einem Gespräch mit der Tageszeitung Le Monde anlässlich der Ankündigung dieser Strategie.

Eine Ausrichtung, die eine tiefgreifende Transformation und Digitalisierung des Konzerns voraussetzt. „Wir alle können zu jeder Zeit das ganze IKEA-Angebot auf kleinstem Raum dabeihaben. Gleichzeitig schaffen wir die Verbindung zwischen unseren Ladengeschäften und dem Onlinesortiment. Auch hier können wir unsere Kund:innen persönlich beraten“, fügte er hinzu.

„Die Digitalisierung bietet uns neue Möglichkeiten im Einzelhandel. Wir wollen sie nutzen, um unsere Kundenkontakte zu verstärken.“

Neue Tools, neue Kanäle

Die Abschaffung des berühmten IKEA-Katalogs im Jahr 2021 steht sinnbildlich für den digitalen Wandel. Nach 70 Jahren verschwindet ein echtes Flaggschiff der Marke. Der Katalog erschien bisher einmal jährlich in über 50 Ländern; gedruckt wurden bis zu 200 Millionen Exemplare in 32 Sprachen. Eigentlich war die Maßnahme erst für 2022 oder 2023 geplant, doch die Coronakrise hat die Entscheidung beschleunigt.

Das eingesparte Geld wird in andere Kanäle und neue, vor allem digitale Tools investiert. Deshalb wurde 2020 auch die auf die 3D-Erfassung von Umgebungen spezialisierte Firma Geomagical Labs gekauft. Die Augmented Reality-Lösung des amerikanischen Startups erlaubt die Erfassung eines bestehenden Zimmers, in dem die vorhandenen Möbel gelöscht und durch virtuelle neue Möbel ersetzt werden können. Das Tool soll in die IKEA-Website und in die dortigen Anwendungen integriert werden.

Die neue IKEA-Strategie wurde von zahlreichen Unternehmenszukäufen flankiert, darunter Geomagical Labs. „IKEA hat für über 200 Mio. Dollar 23 Firmen übernommen, um die Branche zu fördern und gleichzeitig unsere langfristige Vision zu verwirklichen. Die Firma will diese Politik in Zukunft weiter ausbauen, erläuterte 2020 Barbara Martin Coppola, Leiterin Digitalisierung bei IKEA, in einem Artikel in Tech Crunch.

Beschleunigung durch Corona

Die Coronakrise hat den Möbelriesen zu noch mehr Tempo veranlasst. Im Lockdown mussten auch die Möbelhäuser schließen. Deshalb setzte der Konzern verstärkt auf seine Onlinepräsenz, um die Kund:innen im Alltag digital zu erreichen. 2020 ging der Umsatz zwar um 7 % zurück, aber allein in Frankreich stieg der Onlineverkauf um 44 % und erreichte 15,4 % des Gesamtumsatzes. Dieser Zuwachs lag viermal höher als 2017.

Es handelt sich dabei um eine radikale Veränderung des Geschäftsmodells. „Stellen Sie sich vor, sie haben jeden Tag so viele Online-Bestellungen wie normalerweise am Black Friday. Wir haben das Volumen unseres Onlinehandels innerhalb kürzester Zeit mehr als verdoppelt“, kommentierte Barbara Martin Coppola auf dem EMEA Retail Summit, den Google Cloud im Oktober 2020 durchführte.

Cloudlösungen im Mittelpunkt

Die Cloud ist tatsächlich ein zentrales Instrument für die Digitalisierung von IKEA. „Wir haben unsere bestehende technische Infrastruktur völlig umgekrempelt, unsere geschlossenen Möbelhäuser in Bestellbearbeitungszentren umgewandelt und den kontaktlosen Click & Collect-Service aktiviert. Gleichzeitig steigerten wir unsere Verarbeitungskapazitäten für Webtraffic und Onlinebestellungen“, unterstrich die Leiterin Digitalisierung von IKEA. „In der Cloud erstellten wir Datenmodelle zur Unterstützung unserer Kolleg:innen, schufen effizientere Auswahlpfade und sorgten so für ein besseres Kundenerlebnis.

Aber IKEA will seine Mehrkanal-Strategie weiter beschleunigen. Helfen dabei sollen die Möbelhäuser und Ladengeschäfte in den Innenstädten: Durch die Verbindung von Präsenz- und Onlinehandel und die Förderung von Click & Collect sowie der Lieferung nach Hause.

So arbeitet der Konzern an neuen digitalen Tools, etwa dem Bezahlservice „Shop and Go“ oder einem System zur Geolokalisierung von Waren in den Möbelhäusern per Augmented Reality. „Derzeit arbeiten wir daran, über KI und Chatbots den Kundendienst zu vereinfachen und gezieltere Empfehlungen zu machen. Außerdem entwickeln wir 3D-Visualisierungstools mit möglichst originalgetreuen Fotos unserer Möbel“, erläutert Martin Coppola.

Eroberung der Innenstädte

Der Wandel des IKEA-Geschäftsmodells bedeutet auch mehr Kundennähe. Üblicherweise liegen die Möbelhäuser am Stadtrand, aber seit drei Jahren setzt der Konzern auch auf Ladengeschäfte in Innenstädten, um sich geänderten Lebensgewohnheiten der Verbraucher:innen anzupassen. Für dieses Ziel hat IKEA zwischen 2018 und 2021 insgesamt 6 Mrd. Euro investiert.

So könnte das IKEA-Geschäft, das 2019 mitten in der Pariser Innenstadt eröffnet wurde und beispielhaft für diese neue Geschäftsstrategie steht, auf das Logistikzentrum am Hafen von Limay-Porcheville westlich der französischen Hauptstadt zugreifen. Der neue Standort soll insbesondere die Lieferungen an Kund:innen im Großraum Paris beschleunigen, aber auch die Versorgung der dortigen Geschäfte und Möbelhäuser verbessern – insbesondere auch per Binnenschiff. So geht die digitale Transformation Hand in Hand mit der ökologischen Wende.

18/02/2022

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