Seit April existiert in Frankreich ein Erlass für Building Automation and Control Systems (BACS) in Dienstleistungsgebäuden. Diese müssen ab sofort mit Gebäudeleittechnik ausgestattet sein, die insbesondere auch den Energieverbrauch regelt. Pierre Megret, Smart Building Project Manager bei VINCI Energies Building Solutions, kennt die Details.
Angesichts des immer deutlicher spürbaren Klimawandels ist die Energiewende mehr denn je zur Priorität der französischen Regierung geworden. Bis 2050 möchte unser Nachbarland klimaneutral sein, der CO2-Ausstoß soll kontinuierlich sinken. Allein der Bestand an Dienstleistungsgebäuden steht für ein Drittel des französischen Energieverbrauchs. Deshalb hat ihn der Gesetzgeber seit dem Grenelle-II-Gesetz von 2010 besonders im Fokus.
Seit kurzem gibt es nun einen neuen Erlass, der die Branche zu größeren Energiespar-Anstrengungen zwingt: das so genannte BACS-Dekret (Building Automation and Control Systems). Der Gesetzestext wurde in einer ersten Version am 20.07.2020 veröffentlicht und am 07.04.2023 noch einmal geändert. Er ist die logische Fortsetzung des „Dispositif Eco Energie Tertiaire“ (DEET) aus dem Jahr 2019, der gemeinhin als „Erlass für den Dienstleistungssektor“ bezeichnet wird, und schreibt die stufenweise Senkung des Energieverbrauchs bis 2030, 2040 bzw. 2050 vor.
Kaum GLT im Bestand
Der BACS-Erlass legt keine neuen Einsparziele fest, sondern sieht die beschleunigte Einführung von Gebäudeautomatisierungs- und -monitoringsystemen vor, die häufig unter dem Begriff „Gebäudeleittechnik“ (GLT) zusammengefasst werden. Hier herrscht dringender Handlungsbedarf. Der Dienstleistungserlass gilt zwar für 81 % des französischen Gebäudebestands (nämlich für alle Gebäude über 1.000 m²), allerdings sind davon nur 6 % mit GLT ausgestattet.
„In Sachen Gebäudeautomatisierung und –monitoring besteht extremer Nachholbedarf.”
Schlimmer noch: Alle Fachleute für Planung, Montage und Instandhaltung solcher Systeme sind sich darin einig, dass die meisten dieser Tools nicht funktionsfähig sind. Oder anders gesagt: In Sachen Gebäudeautomatisierung und -monitoring besteht extremer Nachholbedarf.
Welche Gebäude fallen nun in den Anwendungsbereich des BACS-Erlasses? Der Erlass für den Dienstleistungssektor arbeitet mit dem Kriterium Nutzfläche, beim BACS hingegen kommt es auf die Nennleistung der installierten Heiz- und Klimaanlagen an.
Demnach sind bei Neubauten alle Nichtwohngebäude (Büros, Geschäfte, Hotels, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen, öffentliche Gebäude) mit einer installierten Nennleistung von über 70 kW bis zum 08.04.2024 mit einer GLT auszustatten. Im Bestand müssen Gebäude ab einer Leistung von 290 kW bis zum 01.01.2025 über eine GLT verfügen, bei Immobilien ab 70 kW wurde der 01.01.2027 als Stichtag festgelegt.
Betroffen sind alle Ausrüstungen, die Auswirkungen auf den Energieverbrauch des Gebäudes haben können: Heizung, Klimaanlage, Belüftung, Warmwasser, Beleuchtung, Energieerzeugung sowie alle weiteren Anlagen mit einer oder mehreren Komponenten dieser Art.
Nachrüstung ohne Ergebnisvorgabe
Der BACS-Erlass sieht zwar den Einbau bestimmter Systeme vor, fordert jedoch keine garantierten Ergebnisse aus diesen Arbeiten ein. Tatsächlich soll er die Einsparziele und die dafür geltenden Leistungsniveaus flankieren. Dafür sieht die Norm EN ISO 52120-1 vier BACS-Effizienzklassen vor:
- Klasse A bezeichnet Gebäude mit hoch energieeffizienten Automatisierungs- und Monitoringsystemen.
- Klasse B bezeichnet Gebäude mit weiterentwickelten Gebäudeautomationssystemen und einem teilweisen technischen Gebäudemonitoring.
- Klasse C bezeichnet Standard-BAC-Systeme.
- Klasse D bezeichnet nicht energieeffiziente BAC-Systeme.
Der BACS-Erlass schreibt mindestens Effizienzklasse C vor, aber nur mit Effizienzklasse A oder B wird auch das Energiesparlabel (CEE) erteilt.
Seit 2023 ist laut Erlass alle zwei bis fünf Jahre eine Inspektion der Leittechnik durchzuführen. Diese beschränkt sich nicht auf das System an sich, sondern betrifft auch dessen Kalibrierung und Betrieb, damit die erwarteten Energieeinsparungen tatsächlich erreicht werden.
Hochspezialisierte Unternehmen
Die GLT ist hochkomplex und erfordert deshalb großes Fachwissen. Die Gebäudeeigentümer haften zwar für die Umsetzung des Erlasses, sollten dabei jedoch die Unterstützung durch eine vertrauenswürdige Fachfirma in Anspruch nehmen. So stellen sie sicher, dass sie die Ziele der Energiewende erreichen, schneller in hohe Effizienzklassen kommen und die entsprechenden Energieeinsparzertifikate erhalten.
Zur Senkung des Gebäudeenergieverbrauchs und der Energiekosten ohne Komforteinbußen oder Gesundheitsgefährdungen für die Gebäudenutzer:innen müssen sinnvolle Nutzungsszenarien umgesetzt werden. Automatisierung und Überwachung der Anlagenoptimierung sind Grundvoraussetzungen für jegliche Energieeffizienzmaßnahmen an Gebäuden. Genau darin liegt auch der Sinn des BACS-Erlasses. Der Handlungsbedarf ist groß: Verlieren wir also keine Zeit!
19/10/2023