Karsten Wurth
Die Zeit ist reif, dass die britische Industrie von Stromspeicherlösungen profitiert, meint Chris Hutchinson, VINCI Energies
Heutzutage dürfte jedermann klar sein, dass die Frage der Stromspeicherung entscheidend für die Sicherung der zukünftigen Energieversorgung in Großbritannien ist. Sie bietet umfangreiche Netzstabilisierungs- und Schwarzstartfähigkeiten. Sie kann mit erneuerbaren Energien kombiniert werden, macht Smart Cities und Smart Factories möglich und erlaubt die Zusammenarbeit in integrierten industriellen Kleinverbünden, den so genannten Micro Grids. Die Frage ist jedoch: Wer sorgt dafür, dass die Revolution bei der Stromspeicherung kein leeres Versprechen bleibt, sondern Wirklichkeit wird?
Langsam werden Fortschritte bei der Schaffung eines auf Stromspeicherung ausgelegten Rechtsrahmens sichtbar. Die Vorschriften ziehen mit den technischen Möglichkeiten und dem Marktinteresse gleich. Die Initiativen von BEIS (Referat für Wirtschaft, Energie und Industriestrategie der britischen Regierung) und Ofgem (Regulierungsbehörde für den Gas- und Strommarkt), in Beratungen über einen flexibleren Strommarkt einzusteigen, sind zu begrüßen. In der Zwischenzeit hat die Ofgem ein bis ins nächste Jahrzehnt reichendes Maßnahmenbündel verabschiedet, das Hand in Hand mit der Implementierung von Smart Metering, Entscheidungen zur halbstündlichen Strompreisfestsetzung und der nächsten Preisüberprüfungsrunde geht. Beschleunigt wird die Umsetzung durch den Übergang zu einem Netz, das von Verteilsystembetreibern und nicht mehr von Verteilnetzbetreibern bewirtschaftet wird.
Das Interesse an Stromspeicherlösungen wird derzeit tendenziell noch von Netzregelung, Stromspeichern in Privathaushalten und dem Boom bei den erneuerbaren Energien getragen. Bei VINCI Energies glauben wir allerdings, dass die Industrie eine herausragende Rolle bei Einführung, Innovationen und Implementierung spielen könnte. In unserem Alltagsgeschäft stellen wir fest, dass Stromspeicherung dann ihren höchsten wirtschaftlichen Mehrwert erreicht, wenn gewerbliche und industrielle Verbraucher auf Lösungen hinter dem Zähler zurückgreifen können, um Energieeffizienz und Flexibilität zu steigern. Bereits heute könnte die Industrie schnell und einfach Gewinne aus Stromspeichern erwirtschaften.
Kommt die industrielle Revolution bei Stromspeichern?
Diese Überzeugung kommt nicht von ungefähr. VINCI Energies steht in Kontakt mit zahlreichen Kunden aus der Industrie, mit Energieerzeugern und -verbrauchern. Wir integrieren einige der effizientesten Energienetze in Großbritannien.
Tatsächlich gibt es bereits heute zahlreiche Anreize für die Industrie, in Stromspeicher zu investieren, und nur recht niedrige Verwaltungshürden. Viele große Hersteller haben aus Gründen der Kostenkontrolle und der Nachhaltigkeit bereits in erneuerbare Energien und Verbrauchsmanagement-Technik investiert. Die Diskussionen über das Thema Laststeuerung (Demand-Side Response) haben das Bewusstsein für die Möglichkeiten geschärft, die sich aus der Reduzierung des Stromverbrauchs in Spitzenzeiten ergeben.
Stromspeicherung macht diese vorhandenen Investitionen noch rentabler – und Profit wirkt ungeheuer motivierend. Außerdem will die Industrie sichere, preisgünstige und saubere Energie – die Schaffung von Stromspeicherkapazitäten bietet hier Lösungen. Für das Stromnetz hingegen ändern sich die Vorschriften rasch, und es sind immer mehr externe Variablen zu berücksichtigen, die über die langfristige Rentabilität von Investitionen entscheiden.
Der Übergang zur halbstündlichen Strompreisfestsetzung wird nicht nur dafür sorgen, dass die Verbraucher stärker auf Kosten und Verbrauchsdrosselung in Spitzenzeiten achten. In der Wirtschaft werden auch die Themen Energieeffizienz und zusätzliche Leistungskapazitäten zunehmend in den Vordergrund rücken. Hinzu kommt der Trend zu industriellen Micro Grids, immer preisgünstigeren erneuerbaren Energien und zur Laststeuerung.
Industrie als Schrittmacher
So begrüßt VINCI Energies zwar den bereichsübergreifenden Run auf Speicherlösungen, allerdings sind wir auch der Ansicht, dass die Rolle der Industrie noch stärker in den Fokus genommen werden sollte. Die Industrie kann eine Schrittmacherfunktion übernehmen, ohne auf den perfekten politischen und rechtlichen Rahmen zu warten – schließlich kann sie hier und jetzt Geld mit solchen Lösungen verdienen. Auch wenn ein technischer Vorreiter größeren Risiken ausgesetzt sein mag – sofern die Rendite höher liegt als bei anderen industriellen Anlagen, ist es sinnvoll, unverzüglich zu handeln. Unternehmen, die bereits auf Energieeffizienz, erneuerbare Energien und intelligente Steuerungen setzen, sollten sich auch mit Stromspeicherlösungen befassen, um die Rendite aus den vorhandenen Investitionen zu maximieren.
Bei VINCI Energies sind wir uns durchaus bewusst, welche Herausforderungen die Stromspeicherung in Großbritannien und ganz Europa mit sich bringt. Smart Factories, Smart Cities und dezentrale Stromproduktion sind schon heute Realität und keine Zukunftsmusik mehr. Gefordert ist jetzt eine klare Vision von Politik und Gesetzgeber. Allerdings sind wir der Ansicht, dass die Industrie bereits gut aufgestellt ist, um eine Führungsrolle bei der Implementierung innovativer Lösungen zu übernehmen, die unsere Stromnetze tiefgreifend verändern werden. Genauso, wie sie es auch in der Vergangenheit immer getan hat.
18/04/2017
