Florentin Gaussin, frischgebackener Carbon Manager in einer Business Unit von VINCI Facilities, gehört zu den Pionier:innen in einem neuen Beruf: Er ist Carbologe (oder Carbon Manager).
Ein solcher Berufseinstieg hat sicher Seltenheitswert: Florentin Gaussin wurde im Oktober 2022 bei VINCI Energies Building Solutions eingestellt und sollte seine Stelle in einem ganz neuen Tätigkeitsfeld selbst einrichten. In Fretin bei Lille (Nordfrankreich) fungiert er als Carbon Manager – eine Funktion, die es vorher gar nicht gab.
„Die Stelle ist neu und ich arbeite völlig eigenständig, auch wenn mich mein BU-Leiter im Alltag natürlich unterstützt“, erläutert der 25-jährige Nachwuchsingenieur. „Die Dekarbonisierung unserer Geschäftstätigkeit und die unserer Kund:innen ist eine unheimlich spannende Aufgabe! Die Wirtschaft hat sich auf den Weg Richtung Klimaneutralität gemacht, und dabei wollen wir sie begleiten. Wir müssen ständig Neues ausprobieren und uns anpassen. Wir schaffen ein neues Berufsbild.”
Die neue Funktion entstand, um der Erderwärmung etwas entgegen zu setzen und den Treibhausgasausstoß zu senken. Im BU-Netzwerk von VINCI Energies Building Solutions gibt es bereits mehrere Dutzend Kolleg:innen.
Was ist ihre Aufgabe? Carbolog:innen (oder Carbon Manager:innen) unterstützen ihre Kund:innen bei ihrer Klimastrategie. Dazu erstellen sie zunächst eine Kohlenstoffbilanz des jeweiligen Standorts. Dafür verfügen sie über drei Tools: „P2C“ (Profil Carbone Contrat) zur Erfassung des THG-Ausstoßes, den die vom Team gemanagten Instandhaltungsverträge verursachen, „Quick Scan Carbon“ und „Bilan Carbone“ (Kohlenstoffbilanz) zur Ermittlung des Gesamtausstoßes am Standort.
Bei dieser Evaluierung geht es um Energieeffizienz, Dienstfahrten, Beschaffung, Kreislaufwirtschaft, Abfallmanagement, die in Kühlanlagen verwendeten Kältemittel usw. „Anhand dieser Informationen entwickeln wir Dekarbonisierungsprogramme und Klimamaßnahmen, die gesamthaft oder für bestimmte Teilbereiche umgesetzt werden“, fügt Gaussin hinzu.
Mehr als nur Energieeffizienz
Sein ursprünglicher Traumberuf war Flugzeugbauer, aber während seines Ingenieursstudiums an der ENSICAEN spezialisierte er sich zunächst auf Werkstoffwissenschaften und dann auf Energietechnik („Darin liegt die Zukunft!“) und scheint damit seine wahre Bestimmung gefunden zu haben. „Nach meinem Studienabschluss-Praktikum bot mir mein BU-Leiter eine Stelle als Carbon Manager an, die er neu einrichten wollte. Mir sagte das erst einmal gar nichts.”
Deshalb wurde Florentin Gaussin von zwei Berufskollegen aus anderen BUs von VINCI Energies geschult. Außerdem nahm er an zwei Lehrgängen des „Institut de Formation Carbone“ in Paris teil und wurde daraufhin vom ABC zertifiziert, dem französischen Verband zur Dekarbonisierung. Dieser kümmert sich um die Weiterentwicklung und Weiterverbreitung von „Bilan Carbone“, des Tools zur Erstellung einer Kohlenstoffbilanz. Er darf somit die in der französischen Gesetzgebung vorgesehenen Bilanzen zum Treibhausgasausstoß (BEGS) ausstellen.
„Die Dekarbonisierung ist eine spannende Aufgabe, wir müssen ständig Neues ausprobieren und uns anpassen.”
„Für mich war das komplettes Neuland, aber gleichzeitig extrem interessant. Bei Klimamaßnahmen geht es nämlich um viel mehr als nur um Energieeffizienz. Als Carbon Manager kümmere ich mich um verschiedenste Bereiche und muss mich ständig über neue Tools und Lösungen auf dem Laufenden halten.”
Dabei entdeckt er manchmal Unerwartetes, etwa eine Lösung zur Verwertung von Zigarettenstummeln, die das Start-up TchaoMégot im Departement Oise nördlich von Paris entwickelt hat. Sie werden zu Ökodesign-Dämmmaterialien für Gebäude oder Textilien weiterverarbeitet. Gaussin hat diese Lösung in seiner VINCI Facilities-BU in Fretin umgesetzt.
Hartnäckigkeit und Flexibilität
Neben Audits und der Entwicklung von Aktionsplänen bringt der junge Carbologe viel Zeit mit internen (Projekt- und BU-Leiter:innen) wie externen (Kund:innen) Sensibilisierungsmaßnahmen zu. „Die Senkung des CO2-Ausstoßes funktioniert nur gemeinsam. Deshalb arbeite ich Hand in Hand mit unseren Projektleiter:innen, aber auch mit den Kund:innen. In meinem Beruf braucht es Geduld, Hartnäckigkeit und Flexibilität, denn das Thema ist noch recht unbekannt, sein – insbesondere finanzieller – Mehrwert ist nicht sofort offensichtlich, und auch wenn es bereits vielerlei Lösungen gibt, muss ich mich den Erwartungen und Möglichkeiten der Kund:innen anpassen“, bemerkt er.
Als Neuling wird Gaussin von seinen Berufskollegen unterstützt. Er trifft sie regelmäßig bei Besprechungen des Carbolog:innen-Netzwerks. Außerdem nimmt er am Trainee-Programm teil, mit dem Nachwuchsakademiker:innen bei VINCI Energies gefördert werden.
Sein erstes großes Projekt betrifft die Erstellung einer Kohlenstoffbilanz bei der ESME, einer Ingenieurshochschule für Anlagenbau und Elektrotechnik. „Die Bilanz haben wir im Juni 2023 vorgelegt. Es ist das erste Projekt, das ich von A bis Z verantworte. Mir ist die Bedeutung einer engmaschigen Kundenbetreuung klar geworden, insbesondere während der potentiell mehrwöchigen Datenerfassung. Wir haben vorgeschlagen, dass die Studierenden unseren Aktionsplan kritisch durchleuchten und so noch effizienter gestalten.”
Florentin Gaussin möchte das Klimaschutz-Angebot für ein auf diesen Bereich spezialisiertes Kundenportfolio weiterentwickeln. Dazu kann seine VINCI Facilities-BU auf das Engagement und das Stehvermögen des Nachwuchsingenieurs bauen, der auch Moderator bei „The Climate Collage“ ist.
* Carbolog:in (oder Carbon Manager:in): ein neues, in die Business Units integriertes Berufsbild, das Dekarbonisierung der Prozesse beschleunigen und so klimafreundliche Lösungen bei sämtlichen Kund:innen implementieren soll. Lesen Sie Artikel Viel Einsatz für wenig CO2 zum The Agility Effect.
12/09/2024